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Rede

Axel Gerntke – Flaschenhälse in der Verwaltung und bei den Verfahren abzubauen ist richtig, aber gleichzeitig müssen wir darauf achten nicht generell die Axt an Schutzstandards zu legen

Axel GerntkeEnergie

In seiner 139. Plenarsitzung am 18. Juli 2023 diskutierte der Hessische Landtag über einen Gesetzentwurf der Landesregierung in zweiter Lesung zur Bestimmung der Zuständigkeit für den Vollzug der Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung und zur Änderung weiterer Vorschriften. Dazu die Rede unseres parlamentarischen Geschäftsführers und energiepolitischen Sprechers Axel Gerntke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

Dieses Gesetz mit dem sperrigen Namen ist mittlerweile ein klassisches Omnibusgesetz geworden, das mindestens drei völlig eigenständige Themenbereiche enthält. Die Kommunen bzw. Landkreise bekommen Extraaufgaben aufgedrückt; das verdient grundsätzlich eine kritische Prüfung. In diesem Fall sehen wir das allerdings als relativ unspektakulär an.

Ordnungsrechtliche Maßnahmen, etwa, dass Schornsteinfeger und Energieberater prüfen müssen, ob die Heizung richtig eingestellt ist, halten wir in Zeiten von Energieknappheit und angesichts der Anforderungen, Energie zu sparen, für durchaus vertretbar. Ob das dauerhaft auf Kosten von Mieterinnen und Mietern sowie Eigentümern, die diese Einsätze zu bezahlen haben, geschehen soll und ob man das auf dem Verordnungsweg regelt, wäre vielleicht noch zu klären. Aber grundsätzlich müssen wir Bundesrecht umsetzen. Insoweit haben wir keine tiefschürfenden Bedenken bei diesem Problemkomplex.

Die Landesregierung hat die Gelegenheit genutzt, um noch ein paar andere Landesgesetze zu ändern, die mehr oder weniger mit dem Energiethema zu tun haben. Die Fotovoltaikpflicht für Parkplätze wird ausgeweitet bzw. klargestellt. Wenn es in der Praxis um Windräder geht, werden deren Zuwegungen von der Baugenehmigungspflicht befreit, wie es bisher schon bei anderen Wirtschaftswegen der Fall gewesen ist. Das klingt für uns auch erst einmal sinnvoll. Wir teilen auch das Ziel, die Energieversorgung zu sichern, damit auch in Krisen keine Wohnung kalt bleiben muss. Wir teilen auch das Ziel, dass der Ausbau von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien beschleunigt werden muss; gleichzeitig muss klar sein, dass Natur- und Gewässerschutz bei der Errichtung von Windkraftanlagen bei aller notwendigen Beschleunigung grundsätzlich sichergestellt bleiben sollen. Flaschenhälse in der Verwaltung und bei den Verfahren abzubauen, ist richtig, aber gleichzeitig müssen wir natürlich darauf achten, nicht generell die Axt an Schutzstandards zu legen.

(Beifall DIE LINKE)

Endgültig vom Energiethema befreien wir uns dann bei den kommunalen Übernachtungsabgaben, landläufig auch als Kurtaxe bekannt. Diese für Geschäftsreisende anwendbar zu machen, wenn die Kommunen das wollen, halten wir grundsätzlich für sinnvoll. Das fand in der Anhörung auch die Zustimmung der Kommunen. Letztlich muss darüber in der Kommune entschieden werden. Mancherorts mag das mehr Sinn ergeben, andernorts weniger. Allerdings wollen wir uns nicht der Illusion hingeben, dass damit das Problem der chronischen Unterfinanzierung der Kommunen auch nur aufgelockert werden kann; aber es geht vom Grundsatz her schon in Ordnung.

Nun gibt es den dritten Punkt, der neu und brandeilig auf den Tisch kam. Wir kennen den Wortlaut erst seit einigen Stunden. Es geht um das erhöhte Kilometergeld für Forstbedienstete. Man könnte meinen, dass es sich dabei um eine tagesaktuelle Geschichte handele, weil das ein paar Stunden, bevor die Beratung losgeht, in den Gesetzentwurf aufgenommen wird. Fakt ist aber, dass die Forstbediensteten und ihre Gewerkschaft IG BAU seit April letzten Jahres darauf aufmerksam gemacht haben, dass die Kilometerpauschalen viel zu niedrig seien. Gerade für Waldfahrten, bei denen eine überproportionale Beanspruchung der Privatfahrzeuge gegeben ist, reichen die bisherigen Pauschalen nicht einmal ansatzweise. Es hat diverse Gespräche zwischen der IG BAU und der Landesregierung sowie ihren Vertretern gegeben. Über ein Jahr lang hat sich nichts getan. Die IG BAU hat eine Kampagne gemacht, keine Privatfahrzeuge mehr für das unzureichende Kilometergeld zur Verfügung zu stellen. Jetzt, kurz vor der Wahl, tut sich etwas. Man sollte meinen, wir sollten jährlich eine neue Landesregierung wählen. Das wäre zumindest für die Beschäftigten gar nicht so schlecht.

(Zuruf Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (Freie Demokraten))

Aber im Ergebnis finde ich es sehr gut, dass man das Kilometergeld angemessen erhöht. Ich frage mich allerdings: Was passiert denn mit den Fahrten der letzten eineinhalb Jahre, die die Kolleginnen und Kollegen unternommen haben und bei denen bisher nichts getan wurde und bei denen auch mit diesem Gesetz nichts getan wird?

(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Genau!)

Langer Rede kurzer Sinn: Da haben Sie schön eineinhalb Jahre auf Kosten der Menschen gespart. Aber jetzt immerhin haben Sie, wenn auch zu spät, die richtige Konsequenz gezogen.

Durch den zusätzlichen Punkt, den Sie an den Gesetzentwurf angeflanscht haben, werden wir uns nicht wie in der Ausschusssitzung nach der ersten Lesung enthalten, sondern wir werden dem Gesetzentwurf jetzt zustimmen.

Aber Sie können sich überlegen, was Sie sich zum Ausgleich der Verluste der Betroffenen für die letzten eineinhalb Jahre ausdenken. Das wäre für die Menschen ganz hilfreich. – Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE)