Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Axel Gerntke zum Mobilfunk-für-alle-Gesetz

In seiner 124. Plenarsitzung am 24. Januar 2023 diskutierte der Hessische Landtag über das Mobilfunk-für-alle-Gesetz. Dazu die Rede unseres wirtschaftspolitischen Sprechers Axel Gerntke.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Die SPD-Fraktion schlägt vor, die Bauordnung zu ändern, um die Hürden für die Errichtung der Mobilfunkmasten zu senken. Morgen werden wir einen Entwurf von SchwarzGrün beraten, der in der Tat wohl eine ähnliche Intention hat. Zusätzlich soll noch das Straßenrecht geändert werden, um solche Hochbauten direkt an den Straßen zu erlauben.

Ein Anschluss an das schnelle Internet gehört heute unserer Ansicht nach zur Daseinsvorsorge. Wir teilen auch das Ziel eines flächendeckenden Aufbaus des Mobilfunknetzes. Wenn es dafür erforderlich ist, von den bisherigen Abstandsregeln zu den Nachbargrundstücken über die Straße abzuweichen, dann sollte dies auch tatsächlich möglich sein. Wenn das aber möglich ist, dann sollte man auch weiterhin versuchen, die Mobilfunkanlage so sicher und umfeldverträglich wie möglich zu errichten.

Dazu kann der hier vorgelegte Gesetzentwurf unserer Ansicht nach möglicherweise einen Beitrag leisten. Aber die Frage ist doch eigentlich eine andere. Die beantwortet weder der heute zu beratende Gesetzentwurf noch der morgen zu beratende. Die Frage ist doch: Lässt sich das Problem der Funklöcher wirklich über das Baurecht erschöpfend lösen? Die Fragen sind doch: Warum entstehen diese Funklöcher? Warum gibt es diese Funklöcher?

In der Vergangenheit wurden die Funknetze von den privaten Unternehmen dort ausgebaut, wo viele Menschen leben und es sich deshalb lohnt, weil der Profit entsprechend winkt. In der Vergangenheit hat der Markt dieses Problem nicht gelöst. Lange Zeit hatten wir auf dem Land riesige Gebiete, die unterversorgt waren.

(Zuruf: Das ist immer noch so!)

– Das ist in der Tat immer noch der Fall. – Das wurde hier hoch gelobt: Aufgrund dieser Erfahrung wurde auf Bundesebene die Vergabe der Frequenzen jetzt an Ausbauverpflichtungen geknüpft. Demnach müssen 98 % der Haushalte über einen LTE-Anschluss mit mindestens 100 MBit/s verfügen. Dieses Ziel wird in Hessen heute schon nach deren eigenen Angaben von zwei der drei Anbieter nicht erreicht. Diese sind Telefónica und Vodafone. Ich begrüße den Vorschlag außerordentlich, das tatsächlich einmal zu kontrollieren und sich nicht nur auf die Angaben der jeweiligen Konzerne zu verlassen.

Aber selbst wenn das Ziel erreicht wäre, würde das bedeuten, dass heute immer noch 2 % der Hessinnen und Hessen, also über 100.000 Menschen, zu Hause nicht mit schnellem Mobilfunk versorgt wären, von unterwegs ganz zu schweigen. Es gibt keine Anreize, dort auszubauen, wo keiner wohnt. Das ist nicht nur tief im Wald, sondern z. B. in Gewerbegebieten, auf einigen Verkehrswegen und an Bahnhöfen der Fall. Dass da nichts geschieht, ist ein Versagen des Marktes.

Nun kommen die Anbieter teilweise noch auf den Staat zu und sagen: Wir hätten gerne zusätzliche staatliche Zuschüsse, um das Problem zu lösen. – Das würde dann dem altbekannten Muster folgen: Verluste sozialisieren, Gewinne privatisieren. – Da liegt eigentlich der Hase im Pfeffer. Wenn die sozialstaatliche Aufgabe der Versorgung der Bevölkerung mit Telekommunikationsdienstleistungen nicht durch die öffentliche Hand übernommen wird, dann kann man so viel entbürokratisieren, wie man will. Man sollte das tun. Aber man darf nicht glauben, dass das dann zum gewünschten Ziel führen wird. – Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE)