Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Beamtenbesoldung: "Tarife sind identisch"

Zum SPD-Antrag "Unterstützung für Beamtenbund und Verdi - Gegen Nullrunde und weitere Sonderopfer bei der Bezahlung hessischer Beamter"

Zum SPD-Antrag "Unterstützung für Beamtenbund und Verdi - Gegen Nullrunde und weitere Sonderopfer bei der Bezahlung hessischer Beamter"

 

Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich nehme zur Kenntnis, dass sich die Abgeordneten der anderen Fraktionen zwar ereifern, aber in dieser Diskussion wenig mit Fakten und Daten argumentieren. Herr Kollege Frömmrich, ich kann nur sagen: Ich weiß aus eigener Erfahrung, die Lautstärke ersetzt keine Argumente.

(Lachen und demonstrativer Beifall bei der CDU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Manfred Pentz (CDU): Das war die beste Rede, die ich von Ihnen gehört habe! – Michael Boddenberg (CDU): Herr Schaus, schreien Sie doch nicht so! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Schaus, Sie haben alles gesagt! – Weitere Zurufe)

Daher will ich wenigstens am Schluss dieser Debatte etwas zur Versachlichung beitragen.

(Lachen bei der CDU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zurufe – Glockenzeichen des Präsidenten)

– Meine Güte, meine Güte.

Vizepräsident Frank Lortz: Meine Damen und Herren, denken Sie doch bitte an die Lautstärke. – Der Kollege Schaus hat das Wort.

Hermann Schaus (DIE LINKE): Herr Ministerpräsident, ich erinnere mich an vieles, selbstverständlich auch an Tarifverhandlungen. Das ist ein gutes Stichwort; denn das ist zugleich auch der Einstieg. Wir hatten jetzt zum ersten Mal unter schwarz-grüner Ägide Tarifverhandlungen zum TV-H. Ich muss sagen, ich bedauere es nach wie vor, dass die ursprüngliche Forderung nach der Rückkehr in die Tarifgemeinschaft der Länder – Hessen ist das einzige der 16 Bundesländer, das immer noch ausschert und einen besonderen Tarifvertrag abschließen muss – nicht erfüllt ist und dass sich dieses Thema auch mit keinem einzigen Wort im Koalitionsvertrag wiederfindet.

Ich finde es sehr schade, dass die GRÜNEN von der ursprünglichen Forderung weit abgerückt sind und den hessischen Sonderweg nach wie vor unterstützen, der sich eigentlich weder rechnet noch rechtfertigen lässt; denn wenn man die Tarifergebnisse der TdL mit denen des TV-H vergleicht, wenige Wochen später vereinbart, stellt man fest, sie sind nahezu identisch. Der Kollege Rudolph hat schon darauf hingewiesen.

Wir erleben hier, dass in Sonntagsreden, die im Hessischen Landtag werktags gehalten werden, immer die verantwortliche Arbeit der Beamtinnen und Beamten herausgestellt wird: an vielen Einzelpunkten und in vielen Diskussionen. Aber wie meine Gewerkschaftskolleginnen und -kollegen immer sagen: Dann muss in der Tat Butter bei die Fische, und dann muss es sich auch konkret in einer Besoldungserhöhung niederschlagen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich habe einen brandaktuellen Besoldungsreport vorliegen, den der DGB-Bundesvorstand Ende März dieses Jahres herausgegeben hat. Ich darf daraus zitieren: Seit der Übertragung der beamtenrechtlichen Gesetzgebungskompetenz auf die Länder für die Sonderzahlungen im Jahr 2002 und für alle nicht unmittelbar den Beamtenstatus betreffenden beamtenrechtlichen Fragen 2006 hat es tiefe Einschnitte gegeben. Sie – die Länder – nutzten und nutzen ihre einseitige Rechtssetzungskompetenz, um einen besonderen Beitrag der Beamtinnen und Beamten für die Haushaltskonsolidierung abzuschöpfen.

Das haben wir gerade gehört; auch Kollege Hahn ist ein Vertreter davon.

Dies wirkt sich insbesondere bei der Beamtenbesoldung aus. Während es bei dieser bis 2006 ausschließlich eine Differenzierung zwischen Ost- und Westdeutschland gab, unterscheiden sich mittlerweile die Bezüge von Dienstherr zu Dienstherr teils erheblich. ... Die Besoldung der Beamtinnen und Beamten hatte sich nach der Föderalismusreform I (2006) um bis zu 18,5% auseinanderentwickelt.

Wohlgemerkt, das gilt für die gleiche Tätigkeit in verschiedenen Bundesländern. Jetzt will ich das konkret machen. Auf der Basis von drei Modellrechnungen hat der DGB unter Einbeziehung der 40-Stunden-Woche – man muss dazusagen, wir haben in Hessen mit der 42-Stunden-Woche die längste Arbeitszeit – –

(Zuruf von den GRÜNEN: Das ist unredlich!)

– Ach, das ist unredlich. Es ist interessant, dass Sie von den GRÜNEN sagen, das ist unredlich. Ich finde es redlich; denn in einem normalen Arbeitsverhältnis wird für jede Arbeitsstunde Geld bezahlt. Das kann bei Beamtinnen und Beamten nicht anders sein. Das ist nicht unredlich. Jetzt lassen Sie mich diese Argumente vortragen.

(Beifall bei der LINKEN)

A-5-Besoldungen: In Hessen beträgt die Besoldung im Jahresdurchschnitt 27.300€. In Bayern, dem Bundesland, in dem am meisten gezahlt wird, sind es 30.600€. Ein bayerischer Beamter im mittleren Dienst erhält also 3.300€ mehr.

Bei A-9, im gehobenen Dienst, beträgt die Jahresbesoldung in Hessen 36.700€. Das ist der Platz 14 unter 17. Am höchsten sind die Bayern mit 39.600€. Das sind 3.000€ Differenz, die den hessischen Beamtinnen und Beamten vorenthalten werden.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das stimmt doch gar nicht!)

– Stimmt nicht? Ach ja?

Vizepräsident Frank Lortz: Herr Kollege Schaus, ob es stimmt oder nicht stimmt, Sie
müssen dann langsam zum Schluss kommen.

Hermann Schaus (DIE LINKE): Herr Präsident, es gab ja eine Unterbrechung. Zwei Sätze
noch.

Vizepräsident Frank Lortz: Herr Kollege Schaus, wir haben schon ein bisschen dazugegeben. Wir denken ja ab und zu mit. Bitte kommen Sie langsam zum Schluss.

Hermann Schaus (DIE LINKE): Herr Präsident, lassen Sie mich zum Schluss sagen: Bei der
Besoldung im höheren Dienst ist es genauso. Da ist die Differenz zwischen den Bundesländern sogar noch höher. Wir sagen, es muss eine zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses TV-H für die Beamtinnen und Beamten in Hessen geben. Dafür treten wir auch ein.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)