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Rede

CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Antrag: Deckung des Lehrkräftebedarfs bleibt vollumfänglich gesichert

Gabi Faulhaber
Gabi FaulhaberBildung

Rede von Gabi Faulhaber am 22.Februar 2018 im Hessischen Landtag

 

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

Herr Schwarz, es hilft nichts, wenn Sie ein Ablenkungsmanöver nach dem anderen fahren und um den heißen Brei herumreden, statt zum Kern der Angelegenheit vorzustoßen,

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

denn das Thema Lehrermangel ist kein neues Thema. Wir können der SPD-Fraktion nur zustimmen, wenn sie sagt, dass die Regierungsparteien CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN immer noch versäumen, das Problem angemessen zur Kenntnis zu nehmen und dringend notwendige Maßnahmen einzuleiten. Eine „dringend notwendige Maßnahme“ ist aus unserer Sicht jedoch nicht, dass man pensionierte Lehrkräfte an die Schulen zurückholt. Das will ich gleich zu Anfang betonen.

(Beifall bei der LINKEN)

So etwas ist eher ein Eingeständnis, dass diese dringend notwendigen Maßnahmen vonseiten des Kultusministeriums in den letzten Jahren unterlassen worden sind.

Wenn Sie jetzt auch noch die steigenden Schülerzahlen als Argument anführen: Die gibt es zwar, sie sind aber ein relativ neues Phänomen. Erst jetzt steigen die Schülerzahlen zum ersten Mal seit Jahren wieder.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke für den Hinweis!)

In der Zeit vorher blieben die Schülerzahlen gleich oder sind sogar gesunken. Daher hätte man gute Chancen gehabt, die Missstände aufzuarbeiten. Das hat man aber nicht gemacht.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir fordern seit Jahren mehr Lehrkräfte, weil der Ganztagsschulausbau, die Inklusion, die Einrichtung kleinerer Klassen und eine gute Vorbereitung auf die Arbeitswelt ganz einfach mehr Lehrpersonal erforderlich machen. Jetzt zeigt sich, dass vor allem Grund- und Förderschullehrkräfte fehlen. Diese braucht man für die Inklusion, und auch dafür, Seiteneinsteiger ohne Sprachkenntnisse zu beschulen.

Um das rechtzeitig festzustellen, muss man eigentlich kein Prophet sein. Wenn man den inklusiven Unterricht und die Ganztagsangebote ausbauen will – das sind ja die Schwerpunkte der hessischen Schulpolitik –, dann geht das eben nicht ohne zusätzliche finanzielle Mittel, auch wenn das Kultusministerium immer anderes behauptet. Es geht auch nicht ohne zusätzliches Personal.

Eigentlich ist es ganz logisch: Mehr Geld und mehr Personal für mehr Zusatzaufgaben. Das Kultusministerium handelt aus bildungspolitischer Sicht aber unlogisch. Statt ein flächendeckendes Konzept für die Umsetzung von Inklusion zu schaffen, wurden unterschiedlich ausgestattete Modellregionen vereinbart und über Jahre beibehalten. Statt die Ressourcen für echte Ganztagsschulen zur Verfügung zu stellen, wurde die Mogelpackung „Pakt für den Nachmittag“ erfunden. All das geschah in der Hoffnung, möglichst wenig Geld lockermachen zu müssen. Das ist die Logik, nach der das Kultusministerium handelt.

(Beifall bei der LINKEN)

Das gilt auch für die Lehrerausbildung. Warum? Weil nicht ernsthaft versucht wird, den Lehrerberuf, insbesondere den des Grundschullehrers und der Grundschullehrerin, wieder attraktiv zu machen.

Das zeigt sich natürlich auch an den niedrigen Studierendenzahlen. Hier haben wir schon öfter darauf hingewiesen, dass Grundschullehrkräfte besser bezahlt werden müssen und dass der Beruf aufgewertet gehört.

Es geht um die Rahmenbedingungen, die das Kultusministerium schaffen muss. Hier kann nur vorausschauend agiert werden, das wissen Sie; denn die nötigen Fachkräfte kann man sich nicht kurzfristig aus dem Ärmel schütteln. Das zeigt sich gerade. Wenn man Grundschullehrkräfte ausbilden will, muss dafür geworben werden, bei der Berufs- und Studienberatung ebenso wie an den Universitäten. Leider werben Letztere kaum für diese Studiengänge. Irgendwie scheint das den Bestrebungen nach Exzellenzunis zuwiderzulaufen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Schulen selbst verdeutlichen immer wieder, dass nicht nur Lehrkräfte fehlen. In Zukunft werden multiprofessionelle Teams nötig sein, um die Aufgaben zu bewältigen. Das war auch ein Ergebnis der interessanten Anhörungen der Enquetekommission Bildung. Es fehlen also auch Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Fachkräfte für Deutsch als Zweitsprache, therapeutisch geschulte Kräfte und Schulpsychologen.

Diese Aufgaben kann man den Lehrkräften nicht zusätzlich aufbrummen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es macht den Lehrerberuf nämlich zusätzlich unattraktiv, wenn man mit unrealistischen Anforderungen überfrachtet wird. Es wollen dann einfach nicht genügend jungen Menschen z. B. Grundschullehramt studieren. Das kann man verstehen; da nützt auch die Ausweitung der Kapazitäten wenig. Genau hier liegt das Problem, das für die Zukunft angepackt werden muss. Mit Abwarten und Stagnation ist hier überhaupt nichts zu machen.

(Beifall bei der LINKEN und der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Ebenso wenig können die Überlastungen der Lehrkräfte weiterhin ignoriert werden. Herr Degen hat bereits auf die Brandbriefe aus den Schulen hingewiesen – das haben wir hier schön öfter gehabt.

Jetzt gibt es sogar so banale Regelungen wie, dass jede Klasse einen Klassenlehrer haben soll. Da sollte man doch denken, das ist in Hessen Standard.

Sie wollen die Belastung der Lehrkräfte vermindern, indem Sie wirklich in jeder Klasse diese Bindung ermöglichen. Sie haben das bereits gesagt: In der Grundschule und in der Förderschule ist das total wichtig. Aber ich glaube, das ist auch für ältere Kinder nicht ganz unwichtig.

Meine Damen und Herren, die Schulen melden diese Belastungen. Viele haben auch Lösungsvorschläge gemacht. Herr Kultusminister, als oberster Dienstherr sollten Sie genau auf diese Hilferufe aus den Schulen achten, anstatt sie zu übergehen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos) – Holger Bellino (CDU): Macht er ja gar nicht!)

In einer Situation, in der Sie händeringend um die Rückkehr von pensionierten Lehrerinnen und Lehrern in den Schuldienst bemüht sind, stellen Sie sich für die Not der eigenen Leute taub und wundern sich dann noch, dass es an Nachwuchs mangelt. Auch das erscheint doch ziemlich unlogisch.

Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass wir dem Antrag der SPD-Fraktion zustimmen werden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))