Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Datenschutz: "Jubelreden sind unangemessen"

Hermann Schaus

Zum SPD-Gesetzentwurf zur Neuordnung des Datenschutzes und Wahrung der Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten

 

Zum Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zur Neuordnung des Datenschutzes und Wahrung der Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten:

 

Herr Präsident,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

am heutigen Tag kommt ein langwieriges Verfahren endlich zu einem Abschluss: Nämlich die dringend notwendige Anpassung des Hessischen Datenschutzgesetzes an europäisches Recht.

Aus Sicht meiner Fraktion sind die Jubelreden, wie sie hier vorgetragen wurden, etwas unangemessen.

Denn sie schaffen ja nichts Neues und Einzigartiges, sondern endlich das, was die EU seit Jahren von Hessen verlangt, bevor es EU-Vertragsstrafen hagelt. Nach jahrelangem Nichtstun der Regierung setzt der Landtag endlich die europäischen Vorgaben für einen unabhängigen Datenschutz um.

Das war politisch lange unerwünscht, wurde aber letztlich unumgänglich. Deshalb macht man es auf den letzten Drücker und nur soweit unbedingt notwendig. Da fragt man sich über den Grund ihrer Jubelreden.

Zur Verdeutlichung: Obwohl aus Sicht der LINKEN durchaus noch Fragen offen bleiben, beantragen wir keine dritte Lesung, damit das Gesetz rechtzeitig zum 01.07.2011 in Kraft treten kann.

In Richtung SPD und Grüne muss ich aber auch fragen, warum Sie einen überparteilichen Konsens für den Datenschutz behaupten, bei dem sie die LINKE ausgrenzen. Nicht nur bei den Anträgen, sondern auch bei den Gesprächen hierüber wurde unsere Nichtbeteiligung einfach hingenommen.

Ich spreche dies auch hier an, weil Sie, Frau Faeser, in der Öffentlichkeit behauptet haben, DIE LINKE hätte kein Interesse an der Mitarbeit gehabt. Da sollten sie schon redlich bleiben und Pressefragen ehrlich etwa so antworten: Wir haben von Anfang an das Spiel der CDU mitgemacht, die LINKE bewusst nicht hinzuzuziehen.

Das Mehr an Unabhängigkeit für den Hessischen Datenschutz ist aufgrund von Gerichtsentscheidungen und einer Klage der Europäischen Union gegen die jetzige Praxis zustande gekommen. Die Sachverständigen haben den Gesetzentwurf mit teilweiser Zurückhaltung begrüßt und uns einige Fragen aufgeschrieben, an die wir uns aber aufgrund des entstandenen Zeitdrucks erst in der Zukunft abarbeiten können.

Zwei Punkte möchte ich kurz herausgreifen:

Erstens bemerkte ein Sachverständiger, dass auch das beste Gesetz wirkungslos bleibe, wenn es denen an Ausstattung mangelt, die für seine Umsetzung und Sanktionierung bei Verstößen verantwortlich sind.

Angesprochen werden hier sowohl die materialrechtliche, technische als auch organisatorische Ausstattung, die wir angesichts der nun erfolgenden Umstrukturierung und des rasanten technischen Fortschritts bald überprüfen sollten.

Ob die Ausweitung um vier Stellen ausreichend ist, bleibt für uns ebenfalls offen.

Sicherlich ist jede Behörde an ihrer bestmöglichen Ausstattung interessiert. Das sind berechtigte Forderungen, der die Politik unter fiskalischen Gesichtspunkten nicht immer in Gänze Folge leisten kann.

Aber wenn der Datenschutz ihnen auch nur halb so wichtig ist, wie sie heute gesagt haben, müssen wir wohl schon in naher Zukunft über eine bessere materialrechtliche, technische als auch organisatorische Ausstattung sprechen.

Zweitens: Ein weiterer Sachverständiger hat sich zu der Frage größtmöglicher Unabhängigkeit des Datenschutzes geäußert. Denn mit dem Gesetzentwurf wird zwar - wie von der EU gefordert - die bisherige Trennung zwischen dem öffentlichen und dem privaten Bereich des Datenschutzes aufgehoben, also nicht länger Teil der Exekutive sein.

Im Sinne einer weitergehenden Unabhängigkeit wird aber vorgeschlagen, den Datenschutzbeauftragten auf Vorschlag des Parlamentes, statt wie jetzt im Gesetz geregelt auf Vorschlag der Regierung zu wählen. Zudem solle die Wahl des Datenschutzbeauftragten von der Dauer der Legislaturperiode abgekoppelt werden.

Ich halte das zwar nicht für zwingend, verstehe aber auch nicht, warum dem in der Ausschussberatung niemand auch nur gedanklich näher treten wollte. Ich vermute, dass niemand den mühsam ausgehandelten Parteienkonsens gefährden durfte.

Schließlich machen wir doch Expertenanhörungen, um danach deren Vorschläge auch zu diskutieren. Da dies aber nicht mehr möglich war, werden wir das in Zukunft nachholen müssen.

Dennoch werden wir dem Gesetzentwurf ebenso zustimmen wie der Änderung zur Geschäftsordnung.

Lassen Sie mich enden mit zwei Wünschen:

Erstens wünsche ich dem Team des Hessischen Datenschutzbeauftragten alles Gute und einen kraftvollen Start für die gewachsenen Aufgaben und Verantwortung. Angesichts des technischen Wandels und sehr geringem Verständnis von Staat, Unternehmen und Bürgern für das hohe Gut informationeller Selbstbestimmung stehen sie vor großen Herausforderungen.

Zweitens wünsche ich mir bei Fragen von allgemeiner gesellschaftlicher Bedeutung weniger Parteienhickhack. Insofern Sie Überparteilichkeit und eine gesellschaftlich übergreifende Akzeptanz anstreben, sollten sie dem auch durch ein entsprechendes eigenes Verhalten Ausdruck verleihen.