Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

"Debatte ist fehlplatziert"

Zur aktuellen Stunde "Kürzung trifft die Vermittlung Langzeitarbeitsloser – Politik von Bundesarbeitsministerin Nahles vermindert die Chancen der Arbeitsuchenden auch in Hessen"

Zur aktuellen Stunde "Kürzung trifft die Vermittlung Langzeitarbeitsloser – Politik von Bundesarbeitsministerin Nahles vermindert die Chancen der Arbeitsuchenden auch in Hessen"

 

Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich finde es schon bemerkenswert, dass die CDU ihren Generalsekretär ins Rennen wirft – so sage ich einmal –, um der SPD vorzuhalten, dass sie den Koalitionskonsens auf Bundesebene – dort sind Sie selbst in Koalition mit der SPD –

(Günter Rudolph (SPD): Nein, das glaube ich nicht!)

verlassen haben, und um heftige Kritik an einem Programm zu üben, das im Übrigen bereits im November des letzten Jahres öffentlich bekannt gemacht wurde. Seit Frau Nahles am 5. November dieses Programm verkündete, war genug Zeit, um parteiintern darauf Einfluss zu nehmen.

Herr Pentz hat seine Rede damit eingeleitet, dass Frau Nahles ein falsches Signal für die jungen Arbeitslosen setze. Ich finde es schon bemerkenswert, dass Sie das hier im Hessischen Landtag austragen, sozusagen als Regierungsopposition in sich – statt das in Koalitionsrunden zu diskutieren, wenn Sie Kritik daran haben.

Aber ich will zum Sachverhalt zurückkommen. Kollege Bocklet hat angerissen, worum es geht. Es geht darum, dass gezielte neue Programme für 43.000 Langzeitarbeitslose aufgelegt werden: 33.000 mit Lohnkostenzuschüssen bis zu 75% für 18 Monate – so ist es im Programm angekündigt –, und 10.000 im Wesentlichen Alleinerziehende mit gesundheitlichen Problemen sollen in ein sozialversicherungspflichtiges öffentliches Beschäftigungsverhältnis mit einer 100-%-Finanzierung gebracht werden, und gleichzeitig sollen innerorganisatorisch, innerhalb der Arbeitsagentur, auch Coaches zur individuellen Betreuung und Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt geschaffen werden.

Ich sage erst einmal: Das hört sich alles gut an. Das sind auch alles wichtige Maßnahmen, wenn man bedenkt, dass die Zahl der Langzeitarbeitslosen in Deutschland nach der OECD-Studie – und die OECD kritisiert das schon seit Jahren – 10% über dem OECD-Durchschnitt liegen. In Deutschland sind 45% Langzeitarbeitslose, nur 35% sind es im Gesamtdurchschnitt aller OECD-Länder.

Dieses Programm betrifft aber nur 4% der Langzeitarbeitslosen, und es wird eine Umschichtung von 1.000 Stellen für Coaches vollzogen, also keine neuen Stellen innerhalb der Arbeitsagentur, sondern es erfolgt eine Umschichtung zulasten anderer Aufgaben. Dafür gibt es keine zusätzlichen Finanzmittel, sondern es wird – wie schon dargestellt – eine Reduzierung der Programme vorgenommen, und da gebe ich Herrn Pentz inhaltlich recht: im Wesentlichen für junge Arbeitslose, da geht es um mehrjährige Berufsausbildung. Deswegen kritisiert natürlich auch der Deutsche Landkreistag diese Einschränkung der Handlungsmöglichkeiten der Jobcenter, und das zu Recht.

(Beifall bei der LINKEN)

Es scheint sich dabei aber um handwerkliche Fehler seitens der Bundesarbeitsministerin zu handeln. Erst Mitte März sind die Kürzungen der Verpflichtungsermächtigungen gegenüber den Jobcentern ausgesprochen worden. Hier werden schon in diesem Jahr Kürzungen vorgenommen.

Angesichts dieser Kritik will ich mich an den Kollegen Decker wenden. Er behauptet ja – und das ist auch die Argumentation von Frau Nahles –, diese Verpflichtungsermächtigungen würden nicht zur Reduzierung von Maßnahmen führen, weil die bisher gar nicht ausgeschöpft worden seien.

Fakt ist aber, dass der Arbeitssenator des Landes Bremen – soweit ich weiß, ist das ein SPD-Mitglied – in diesen Tagen einen Brandbrief an die Bundesarbeitsministerin geschrieben hat. Darin hat er kritisiert, dass diese Maßnahme dazu führt, dass es keine Planungssicherheit mehr gibt, auch langfristig, weil hier sichere Programme für junge Langzeitarbeitslose aufgelegt werden müssen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle abschließend nur sagen: Ich verstehe dieses Thema der Aktuellen Stunde der CDU überhaupt nicht. Nach wie vor ist es möglich, bundespolitische Themen an dem Ort zu diskutieren, wo man sie auch Lösungen zuführen kann. Das zeigt die merkwürdige Rolle, die Sie, Herr Pentz, hier eingenommen haben: als Regierungsoppositionsvertreter in einer Person. Das ist völlig deplatziert. Deswegen kann ich nur sagen: Diese Aktuelle Stunde haben Sie mehr als einmal versenkt.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)