Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Einführung der Wachpolizei: "Wachdienst entwertet den Polizeiberuf"

Hermann Schaus

Zur Aktuellen Stunde "Hessen braucht gut ausgebildete

Polizeibeamtinnen und -beamte"

Zur aktuellen Stunde der SPD betreffend "Hessen braucht gut ausgebildete
Polizeibeamtinnen und -beamte – Vorschlag von Innenminister Beuth für mehr Wachpolizei ist die falsche Antwort auf die Personalnot bei Hessens Polizei – Profis statt Amateure" und zum Antrag der LINKEN betreffend "Für eine gut ausgebildete und bezahlte Polizei"


Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren!

Kaum jemand schafft es, in so einzigartiger Weise mit wenigen Sätzen so viel Unsinn zu erzählen wie Herr Bundesinnenminister Thomas de Maizière.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Diese Aktuelle Stunde würde nicht ausreichen, um alle Skandale und Falschdarstellungen des ehemaligen Kanzleramtsministers und Verteidigungsministers und des jetzigen Innenministers aufzuzählen. Dass er letzte Woche wiederholt völlig aus der Luft gegriffene Zahlen verwendete, um wieder einmal Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen, macht ihn meines Erachtens einmal mehr untragbar.

(Judith Lannert (CDU): Kommen Sie einmal zu Thema! – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist doch das Thema!)

Wie peinlich ist es, dass das Bundesinnenministerium zum wiederholten Mal eingeräumt hat, dass es die vom eigenen Minister benutzten Zahlen schlichtweg nicht gibt?

(Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))

– Herr Pentz, ich komme schon noch darauf zu sprechen. Sie können es gar nicht mehr erwarten. Ich werde darauf schon noch zu sprechen kommen.

In der "Zeit online" wird er als "Minister Pengpeng" bezeichnet. Dort ist in einem Artikel von gestern zu lesen – ich darf zitieren –: Seine härteste Waffe im Kampf für eine schlechte Stimmung gegenüber Flüchtlingen im Land ist sein Statistikrevolver. Wenn er sich in der Flüchtlingsfrage nicht anders zu helfen weiß – und das kommt öfter vor – macht er peng, peng!

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sie haben das Thema verfehlt!)

Herr Bauer, genau aus dieser Ecke kommt jetzt sein Vorschlag, massenhaft Wachpolizisten einzustellen, weil es zu wenige gut ausgebildete Polizei gibt, um die Einbruchskriminalität in den Griff zu bekommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber als wäre es nicht schon schlimm genug: Während alle Parteien und die Gewerkschaft der Polizei zu Thomas de Maizière auf kritische Distanz gehen, kommt vom hessischen Innenminister Beuth auch noch ein Lob – damit sind wir beim Thema.

(Manfred Pentz (CDU): Recht so!)

Herr Beuth, das lassen wir Ihnen ohne Diskussion nicht durchgehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Hier in Hessen ist es dasselbe Trauerspiel: Seit Jahren beantragt DIE LINKE, dass mehr Polizei eingestellt wird. Nehmen Sie das bitte einmal zur Kenntnis.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Herr Frömmrich, hätten Sie unseren Anträgen zugestimmt, dann hätten wir heute über 1.000 zusätzliche, gut ausgebildete Polizeibeamten mehr. Dies hätte auch zu einer erheblichen Reduzierung der bestehenden 2.969.898 Überstunden geführt.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Im Übrigen liegt in Ihrer Regierungsverantwortung eine Steigerung der Überstunden bei der hessischen Polizei in den letzten vier Jahren um 380.000.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist die Wirklichkeit! – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Herr Beuth, stattdessen wollen Sie erneut Crashkurse für Wachpolizisten anbieten, damit diese Angestellten in Uniform Waffen umgehängt bekommen und auf Verbrecherjagd gehen können. Das ist Flickschusterei auf Kosten der inneren Sicherheit. Es entwertet den Polizeiberuf, wenn gerade Angelernte nun auch noch zentrale Polizeiaufgaben wahrnehmen sollen.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Es führt insbesondere zu einer trügerischen Sicherheit, wenn Bürgerinnen und Bürger nicht mehr unterscheiden können, ob sie einem angestellten Wachpolizisten oder einem qualifizierten Polizeibeamten gegenüberstehen. Wir haben deshalb einen Antrag eingebracht, in dem sich
der Landtag klar von einem solchen "Flickwerk an einer verschlissenen Personaldecke auf Kosten der inneren Sicherheit" distanziert – das war jetzt ein Zitat der Gewerkschaft der Polizei. Wir fordern Sie auf: Statten Sie die Polizei so aus, dass sie ihre Aufgaben umfassend wahrnehmen kann. Stellen Sie deutlich mehr Personal ein. Reduzieren Sie endlich die Wochenarbeitszeit der Beamten und Beamtinnen in Hessen, und bezahlen Sie sie so, wie es andere Bundesländer auch tun. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)