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Rede

Elisabeth Kula - Missglückter Bildungsgipfel zeigt Unfähigkeit in der Bildungskrise

Elisabeth KulaBildung

In seiner 132. Plenarsitzung am 23. März 2023 diskutierte der Hessische Landtag zum Bildungsgipfel. Dazu die Rede unserer Vorsitzenden und bildungspolitischen Sprecherin Elisabeth Kula.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Gäste!

In einem breiten Appell fordern Gewerkschaften, Verbände und Stiftungen einen nationalen Bildungsgipfel, um die größte Bildungskrise der letzten Jahrzehnte, die sich immer mehr abzeichnet, zu verhindern.

Die Problembeschreibung sollte uns allen mittlerweile gut bekannt sein: Lehrermangel, Erziehermangel. Der Bildungserfolg hängt in Deutschland mehr als in allen anderen OECD-Ländern wesentlich von der Herkunft ab. Die Gebäude unserer Bildungseinrichtungen müssen dringend instand gesetzt und modernisiert werden. An den Kitas, Schulen und Hochschulen werden die Anforderungen immer größer, und die Großprojekte wie der Ganztag werden regional und qualitativ höchst ungleich umgesetzt.

Es gibt kein gemeinsames Herangehen an diese Problemlagen, und der Föderalismus bedeutet in einer solch kritischen Situation, in der die Zukunft einer ganzen Generation auf dem Spiel steht, hauptsächlich Verantwortungsdiffusion. Keiner will schuld sein, keiner will verantwortlich sein. Alle zeigen auf den anderen. – Das haben wir gerade in der Debatte wieder erlebt.

Deswegen haben die Unterzeichnenden des Appells für einen nationalen Bildungsgipfel vollkommen recht. Es braucht jetzt eine Initialzündung, um unser Bildungssystem zu reformieren, und dass endlich Bund, Länder und Kommunen gemeinsam die Verantwortung dafür übernehmen.

(Beifall DIE LINKE)

Leider hat das Bundesbildungsministerium das aber maximal wurstelig umgesetzt. Die Vorbereitung durch das Bildungsministerium war schlecht. Es gab keine verbindlichen gemeinsamen Ziele. So kamen dann leider auch nur zwei der 16 Kultusministerinnen und Kultusminister zum Gipfelchen der Bildungsministerin Stark-Watzinger. Dazu muss ich sagen: Ja, darunter waren auch Kultusministerinnen und Kultusminister der SPD und der GRÜNEN, die sich daran nicht beteiligt haben. Das wird seine Gründe haben.

Die Erwartungen an Frau Stark-Watzinger waren nicht besonders hoch. Die Fußstapfen, in die sie tritt, die ihre Amtsvorgängerin Anja Karliczek hinterlassen hat, waren auch nicht besonders groß. Trotzdem ist auch bei dieser Bundesregierung, der Ampel, das Bildungsressort leider ein sehr dunkles Lichtchen.

Jetzt hat sie mit den Eckpunkten zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz wieder einmal bewiesen, dass man die Mitglieder der FDP lieber nicht an die Bildungsressourcen lassen sollte. Die Vorschläge aus dem Ministerium hätten zu einer weiteren Verschlechterung für die wissenschaftlichen Mitarbeiter an den Hochschulen geführt. Es ist gut, dass sie sich jetzt dagegen wehren und die Ministerin gezwungen ist, zurückzurudern.

Immerhin könnte man sagen, dass Frau Stark-Watzinger das versucht hat, was unser Kultusminister 2015 mit dem Bildungsgipfel in Hessen glorios in den Sand gesetzt hat. Er hat nicht dazu geführt, dass es in Hessen einen Schulfrieden gibt. Das war das Ziel des Bildungsgipfels des Jahres 2015 in Hessen. Nein, das Gegenteil ist der Fall. Aktuell sind die Wut und der Ärger über die Kultuspolitik in Hessen so groß wie nie. Das ist vollkommen zu Recht so.

(Beifall DIE LINKE)

Wie wir auch, bekommen Sie sicherlich ständig Briefe und Schreiben von Eltern, Schülern und auch von Lehrkräften über die Situation in Hessen. Jüngst, nämlich vor drei Wochen, gab es einen Brief der Elternbeiräte, die Ihnen geschrieben haben. Sie haben die Aushöhlung der Lernmittelfreiheit kritisiert. Sie haben Tablets auf Kosten des Landes für die Schülerinnen und Schüler gefordert.

Wie gehen der Kultusminister und die Landesregierung darauf ein? Gab es irgendeine öffentliche Äußerung dazu? Nehmen Sie die Sorgen und das Anliegen ernst? Bisher gab es keine Reaktion aus dem Kultusministerium. Anstatt mit dem Finger nach Berlin zu zeigen und die Ministerin öffentlichkeitswirksam anzugreifen, anstatt die Verantwortung immer wieder auf die Schulträger und die Eltern abzuwälzen, sollten Sie in Hessen Verantwortung übernehmen.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Ich glaube, die Menschen in Hessen und Deutschland können die politischen Ränkespiele und das Hin- und Herschieben der Verantwortung sowieso nicht mehr sehen, da sie tagtäglich mit den Auswirkungen dieser Politik konfrontiert sind. Wegen Unterrichtsausfalls oder geschlossener Kindertagesstätten müssen sie immer häufiger versuchen, irgendwie das zu kompensieren, was die Politik verschlafen hat. Dann muss man sich auch nicht wundern, dass das Vertrauen in die Parteien und die Politik verloren geht.

Vollkommen klar ist, dass wir einen Dialog über die Systemreform brauchen. Es sind aber auch massive Investitionen in unser Bildungssystem notwendig, um unsere Schulen und Hochschulen instand zu setzen und zu modernisieren. Da kann man nicht einfach nur mit dem Finger in Richtung der Schulträger zeigen. Sie benötigen finanzielle Unterstützung, einen Qualitätsrahmen und Standards, wie unsere Schulen und Hochschulen zukünftig aussehen sollen.

Klar, das wird enorm viel Geld kosten. Ich darf daran erinnern, dass die Bundesregierung in kürzester Zeit ein Sondervermögen von 100 Milliarden € für die Bundeswehr geschaffen hat. Aber hinsichtlich der Bildung und des Sozialen erzählt man uns seit Jahren: Sorry, dafür ist kein Geld da. – Ich glaube, das ist auserzählt. Wir müssen endlich in die Bildung investieren.

(Beifall DIE LINKE)

Vizepräsident Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn:

Sie denken an die Redezeit?

Elisabeth Kula (DIE LINKE):

Ja. – Deswegen haben wir vor dem Bildungsgipfel ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden € für die Bildung gefordert.

Herr Kultusminister Lorz, immer, wenn Sie mit einem Finger auf andere zeigen, zeigen drei Finger auf Sie zurück. Übernehmen Sie für Ihr Ressort in Hessen die Verantwortung.

(Beifall DIE LINKE)