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Rede

Fluglärm: "Demokratiedefizite bei der Planung"

Hermann Schaus

Zur Aktuellen Stunde von Bündnis 90/Die Grünen betreffend "Mehr Fluglärm am Tag, keine Ruhe in der Nacht - Bürgerinnen und Bürger endlich wirksam schützen"

Zur Aktuellen Stunde von Bündnis 90/Die Grünen betreffend "Mehr Fluglärm am Tag, keine Ruhe in der Nacht - Bürgerinnen und Bürger endlich wirksam schützen":

 

Herr Präsident,
meine Damen und Herren,

die wegen der neuen Landebahn bereits im März eingeführten Flugrouten haben in der Bevölkerung, Gemeinden und Landkreisen zu heftigsten Reaktionen geführt.

Zum einen, weil Menschen nun unter Fluglärm leiden, die sich nie mit dem Flughafenausbau beschäftigt hatten, weil der Flughafen doch anscheinend so weit weg erschien. Sie sind die neuen Betroffenen der sogenannten Demokratisierung des Fluglärms.

Zum andern, weil die Planung der neuen Flugrouten nicht ausreichend kommuniziert wurde. Und weil bei der Verlagerung der sogenannten Gegenanflugroute keine Mitbestimmung für Städte und Gemeinden erwünscht war, klagen sie nun dagegen.

Es wäre die Aufgabe der Landesregierung gewesen, die betroffenen Menschen vor der Planung umfassend zu informieren und sie in den Planungsprozess mit einzubinden. Aber es war schon von Anfang an die Strategie der Landesregierung, die Menschen möglichst im Ungewissen zu lassen. Die Demokratiedefizite von CDU und FDP treten in allen Phasen des Flughafenausbaus hervor.

Wir erleben seit Monaten, dass Wirtschaftminister Posch beim Thema Fluglärm die Hände in den Schoß legt und die Verantwortung für die neuen Flugrouten von sich wegschiebt. Es zeigt die ganze Wurstigkeit, die er den berechtigten Ansinnen der Menschen entgegenbringt. Dies muss angesichts 100.000 neuer Betroffener sofort aufhören!

Nach dem Gesetz muss Lärmschutz als Kriterium bei der Festlegung der Routen berücksichtigt werden. Bei den Planungen der Deutschen Flugsicherung stehen aber nur die Flugsicherheit und die Kapazitäten im Vordergrund. Offensichtlich war Lärmschutz überhaupt keine nennenswerte Größe, bei der Erstellung der seit März geltenden Routen.

Eine Lärmoptimierung der Anflugrouten würde die Zahl der maximal möglichen Flugbewegungen, die ja von 82 auf 120 pro Stunde gesteigert werden sollen, erheblich reduzieren. Das aber ist bares Geld für Fraport und für die Flugsicherung.

Es ist nicht hinnehmbar, dass die Planung der Flugrouten alleine nach den ökonomischen Interessen von Flugsicherung und der Fraport AG erfolgt und der Gesundheitsschutz der Menschen der Profitoptimierung geopfert wird.

Wir sagen: Gesundheitsschutz muss Vorrang haben vor ökonomischen Interessen, Menschen vor Profite!

Schlechte Kommunikation und mangelnde Einbindung der Bevölkerung liegt auch bei der Ausarbeitung der Hessischen Lärmschutzverordnung vor. Sie muss den betroffenen Menschen einen ausreichenden Schutz garantieren. Deshalb fordern wir, dass die Ansprüche auf passiven Schallschutz unmittelbar mit Erlass der Lärmschutzbereichs-Verordnung, also spätestens mit Inbetriebnahme der Landebahn am 21. Oktober entstehen und nicht erst sechs Jahre später.

Ohne gültige Lärmschutzverordnung keine Betriebsgenehmigung. Das ist unsere Position!

Offensichtlich sind die Lärmwerte in der Lärmprognose des Planfeststellungsverfahrens falsch berechnet worden. An vielen Orten ist es lauter als gedacht. Neue Berechnungen müssen vor Betriebsbeginn vorliegen, ausgewertet und kommuniziert werden.

Die Funktionssicherheit der viel diskutierten Vogelschlagschutzanlage ist immer noch nicht zweifelsfrei festgestellt. Sie müsste eigentlich bereits seit einem Jahr in Betrieb sein. Ist sie aber nicht!

Wir halten es weiterhin für unzulässig, dass die neue Landebahn ohne einen rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss in Betrieb genommen werden soll.

Ziel unserer Politik ist die Vermeidung - zumindest aber die Begrenzung - der Verkehrsbewegungen über dicht besiedelten Wohngebieten. Die Gesundheit der Menschen muss geschützt werden und dazu braucht es höhere Flugrouten und ein absolutes Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr.

Gute Nacht.