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Rede

Friedhofs- und Bestattungsgesetz: "Eine der religiösen Tradition angemessene Bestattung muslimischer Mitbürgerinnen und Mitbürger wird erschwert"

Zur ersten Lesung des Gesetzentwurfs der SPD für ein Gesetz zur Änderung des Friedhofs- und Bestattungsgesetzes

Zur ersten Lesung des Gesetzentwurfs der SPD für ein Gesetz zur Änderung des Friedhofs- und Bestattungsgesetzes


Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren!

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. So lautet Art. 1 Abs. 1 unseres Grundgesetzes. Da stellt sich mir die Frage: Endet diese Würde des Menschen mit dem Tod, oder besteht sie darüber hinaus? – Ich denke: Ja, sie besteht auch nach dem Ableben und bezieht selbstverständlich auch die Würde der Hinterbliebenen, der Trauernden mit ein.

In Art. 3 Satz 3 des Grundgesetzes heißt es: Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Aber was bedeutet "Benachteiligung"? Die Literatur sagt dazu: jemanden in einen Nachteil bringen, indem man ihm nicht die gleichen Rechte zugesteht wie anderen. Im Duden finden wir zu "Benachteiligung" unter anderem die Begriffe: zurücksetzen, unterschiedliche Behandlung, Unrecht und Diskriminierung.

Worin besteht also beim Friedhofs- und Bestattungsgesetz der Nachteil, die Benachteiligung? Ich sehe sie z. B., wenn eine der religiösen Tradition angemessene, würdige Bestattung muslimischer Mitbürgerinnen und Mitbürger durch unsere Gesetze und Rechtsvorschriften erschwert, vereitelt oder unmöglich gemacht wird, sodass die Angehörigen derzeit gezwungen sind, mit viel höherem finanziellen und persönlichen Aufwand diese traditionellen Beisetzungen im Ausland durchführen zu lassen.

Meine Damen und Herren, wir sind eine multikulturelle Gesellschaft, und wir sollten stolz darauf sein. Deshalb gehört der Islam, gehören Muslime nunmehr auch zu Deutschland. Viele von ihnen leben bereits in zweiter oder dritter Generation in Deutschland. Viele besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft. Aus all dem müssen wir auch in gesellschaftlicher Hinsicht die Konsequenzen ziehen. Wir dürfen sie auch bei Beisetzungen nicht benachteiligen.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, dies sage ich ganz besonders an die Adresse des Abg. Irmer, der leider nicht anwesend ist, der in der letzten Ausgabe der schwarzbraunen Wochenzeitung "Junge Freiheit" in einem Beitrag forderte, Islamisten unverzüglich in ihre angestammte Heimat zu schicken, weil Islam nichts anderes als Unterwerfung bedeute.

(Holger Bellino (CDU): Wenn sie straffällig geworden sind! Es ist ein Unsinn, was Sie verbreiten!)

– Das ist in der Tat Unsinn, Herr Bellino. Ich freue mich, dass Sie mir zustimmen. Ich habe den Artikel, namentlich gekennzeichnet vom Abg. Irmer. Wenn Sie das als Unsinn bezeichnen, sind wir einer Meinung. Deshalb sage ich, die Würde aller Verstorbenen und ihrer trauernden Angehörigen muss geachtet werden. Diejenigen, die diese Art der Beisetzung wollen, müssen sie auch können dürfen.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, deshalb ist diese Gesetzesinitiative der SPD eine richtige und wichtige Maßnahme zur Aufhebung der langjährigen Benachteiligung, und wir unterstützen sie.

(Beifall bei der LINKEN – Holger Bellino (CDU): Sie kennen noch nicht einmal den Unterschied zwischen einem Islamisten und dem Islam! Er hat von Islamisten gesprochen!)