Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Gesetzentwurf der Landesregierung für ein „Sicherheitsüberprüfungsgesetz“

Hermann Schaus
Hermann SchausDaten- und VerbraucherschutzWirtschaft und ArbeitInternationalesAntifaschismusInnenpolitik

- unkorrigiertes Redemanuskript, es gilt das gesprochene Wort -

Herr Präsident / Frau Präsidentin,
meine Damen und Herren,

Am 09. Dezember erhielten die Fraktionen einen Brandbrief des Landesbezirksleiters der Gewerkschaft ver.di Hessen, Jürgen Bothner, in dem er unter anderem folgendes schreibt:

Der vorgelegte Entwurf zu einem Hessischen Sicherheitsüberprüfungsgesetz verletzt die Prinzipien von Transparenz und demokratischer Kontrolle. (…)

 

Im vorliegenden Entwurf sind

 

-                    Auskunftsrechte für Betroffene und Überprüfte eingeschränkt oder ausgeschlossen

-                    Parlamentarische Kontrollmechanismen nicht vorgesehen

-                    Informationsrechte der Öffentlichkeit nicht vorgesehen

-                    Eine Überprüfung durchgeführter Maßnahmen durch die Justiz ausgeschlossen

(…)

Da weder Art, Inhalt noch Umfang der Nutzung dieser Rechte durch das Landesamt für Verfassungsschutz durch das demokratische Gemeinwesen oder durch die vom HSÜG betroffenen Personen einer rechtlichen Überprüfung unterzogen werden kann, lehnt verdi den vorliegenden Gesetzentwurf ab.“

DIE LINKE schließt sich dieser Aussage in vollem Umfang an und wird den Gesetzentwurf ablehnen. Wir stehen mit unserer Ablehnung  im Einklang mit namhaften Datenschützern. Es ist bezeichnend, dass CDU und Grüne die Bürgerrechte wieder einmal hinten anstellen. Die Geheimdienste sollen weiterhin nach eigener Lust und Laune unkontrolliert herumwursteln dürfen. Die Geheimdient-Möglichkeiten werden sogar erweitert. Als wenn es die Skandale um den NSU und die NSA gar nicht geben würde.

Schon in der ersten Lesung hatte ich gesagt: Natürlich müssen Menschen, die in sicherheitsrelevanten Bereichen arbeiten, sicherheitsüberprüft werden. Für wichtige oder lebenswichtige Aufgaben braucht man zuverlässige Leute. Lange Zeit waren dafür nicht die Geheimdienste zuständig, seit ungefähr 10 Jahren ist das aber so. Ich sage das, weil es geradezu absurd ist, dass die Geheimdienste nicht nur alle externen Anfragen prüfen, sondern auch sich selbst.

Obwohl wir im NSU-Skandal doch alle gesehen haben, wie unfassbar schlampig damit umgegangen wurde. Diesem „Laden“ traue ich nicht und ich habe tiefes Verständnis, wenn dieses Misstrauen in einen unkontrollierbaren  Geheimdienst auch in der Bevölkerung immer mehr zunimmt. Der Geheimdienst steht mit ihrem Gesetz weiterhin  außerhalb jeglicher Rechtsaufsicht! §5 Absatz 1 Satz 5 sagt genau das: Zuständig für die Sicherheitsprüfung von Geheimdienstmitarbeitern ist der Geheimdienst selbst. Und §12 regelt die strikte Geheimhaltung dieses Vorgangs.  Ich halte es für einen Skandal, dies so zu regeln.

Nächster Punkt: Wir wissen aus dem NSA-Skandal, dass die Geheimdienste es mit den Bürgerrechten nicht so genau nehmen. Wir haben in Hessen US-Einrichtungen und private Sicherheitsdienste, die nachweislich an Massenüberwachung, politischer Spionage und völkerrechtwidriger Kriegsführung beteiligt sind. Nach  Ihrem Gesetz werden aber genau die Personen, die in solchen Einrichtungen arbeiten aber von Sicherheitsprüfungen ausgenommen.

In § 3, Absatz 4, Satz 3 werden Mitarbeiter ausländischer Sicherheitseinrichtungen pauschal von Sicherheitsüberprüfungen ausgenommen. Genauer gesagt werden sie Abgeordneten gleichgestellt – in Gegensatz zu Ärzten, Seelsorgern oder Rechtsanwälten. Spione genießen also das Privileg, per Gesetz unbehelligt zu bleiben.  Ich frage Sie, wie kann das sein?

In der Anhörung wurde von den Datenschützern Rhein-Main, vom Hessischen Datenschutzbeauftragten und im Nachgang auch von der Gewerkschaft ver.di massive Kritik am Gesetzentwurf vorgetragen. Dabei ging es auch darum, dass den Geheimdiensten  noch weitere Mittel an die Hand gegeben werden, um Daten zu sammeln. Wer zukünftig eine Sicherheitsüberprüfung braucht, dessen Internet-Aktivität soll nun auch überprüft werden und dessen Finanzsituation soll zudem mittels einer Schufa-Auskunft überprüft werden.

Einen solch tiefen Eingriff in das Leben von Menschen über eine Schufa-Auskunft aufzubauen, lehnen wir entschieden ab. Die Schufa ist eine Privatorganisation der Kreditwirtschaft. Sie steht ohnehin in der Kritik, weil sie oft falsche oder veraltete Daten liefert. Aber das ist Ihnen offenbar egal. Die Dienste sollen das bekommen, weil es die Dienste so haben wollen.

All diese Gründe veranlassen uns den vorgelegten Gesetzentwurf eindeutig abzulehnen.