Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Glücksspielregulierung: "Ein Ausstieg aus einer gemeinsamen Regelung der Bundesländer wäre eine Katastrophe"

Hermann Schaus

Zum Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion der FDP

Zum Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion der FDP betreffend "Echter Neustart in der Glücksspielregulierung statt Flickschusterei an gescheitertem Staatsvertrag"

 

Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren!

Die Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrags bleibt, was die Vergabe der Sportwettenkonzessionen angeht, auch nach Jahren eine Pleiten-Pech-und-Pannen-Geschichte.

Schon von Beginn an stand der Glücksspieländerungsstaatsvertrag, als er am 1. Juli 2012 in Kraft trat, unter einem schlechten Stern. Denn ein Bundesland – und das wollen wir nicht vergessen –, Schleswig-Holstein, wollte auf keinen Fall mitmachen.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Schuld daran war die damals dort mitregierende FDP,

(Florian Rentsch (FDP): Sehr gut!)

die unbedingt eigene Wege gehen wollte und als einziges Bundesland zwölf Sportwettenkonzessionen vergab. Dies setzte die anderen Bundesländer, die zu Recht noch gemeinsam nach klar definierten Kriterien probeweise für sieben Jahre bis zu 20 Konzessionen vergeben wollten, natürlich unter Druck.

Hessen und damit seinem Innenminister wurde die Zuständigkeit für die bundesweite Konzessionsvergabe übertragen, und damit begann des Dramas zweiter Teil. Denn die Aufgaben wurden offensichtlich nicht korrekt und auch nicht sorgfältig ausgeführt. Das hat z. B. das Verwaltungsgericht Wiesbaden in seiner Entscheidung vom 11. Mai 2015 festgestellt. Abgesehen davon, dass offenbar im Staatsvertrag selbst Regelungen vereinbart wurden, die europarechtliche Probleme beinhalten, hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden aber auch festgestellt, dass das bisherige Verwaltungsverfahren zur Auswahl der Bewerber die verschiedensten Rechtsverstöße und Ausführungsmängel aufweist.

Diese Aussage der 5. Kammer ist unstreitig eine dicke Ohrfeige für die Landesverwaltung und den amtierenden Innenminister, aber auch für den früheren, bis Anfang 2014 amtierenden Innenminister Rhein; den wollen wir an dieser Stelle nicht vergessen, denn er hat dieses Verfahren mit eingeleitet.

Also, meine Herren Innenminister, Sie haben es nicht hinbekommen, innerhalb von mehreren Jahren ein Auswahlverfahren durchzuführen, das den rechtlichen Anforderungen entspricht. Sie schieben die Schuld auf andere – und wollen jetzt auch noch die Begrenzung der Konzessionen aufheben.

Ich finde, eine größere Bankrotterklärung kann man sich selbst nicht ausstellen.

(Beifall bei der LINKEN – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Peinlich!)

Wenn dadurch zukünftig den privaten Sportwettenbetreibern Tür und Tor geöffnet werden muss und unsere staatliche Lotterie in Mitleidenschaft gezogen wird, mit all den negativen Folgen für die Destinatäre, dann kennen und nennen wir auch die Hauptverantwortlichen; darauf können Sie sich verlassen.

Wenn wir aber aus der Zeitung erfahren müssen, dass der Streit unter den Bundesländern derzeit so groß ist, dass die Hessische Landesregierung nun schon öffentlich mit einem Alleingang droht und damit – wie seinerzeit unter Schwarz-Gelb im Land Schleswig-Holstein – noch mehr Streit auslöst, dann werden wir diesen Weg nicht mitgehen.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Die Hessische Landesregierung hat einen großen Anteil am derzeitigen Zustand und am Streit unter den Bundesländern. Deshalb erwarten wir, dass Sie diesen komplizierten Prozess endlich verantwortungsvoll organisieren, sodass sich am Ende sämtliche Bundesländer verständigen. Das ist Ihre Aufgabe. Das ist Aufgabe der Hessischen Landesregierung und des Innenministers.

Dies erreicht man bekanntlich nicht mit der Drohung, auszusteigen. Ein Ausstieg aus einer gemeinsamen Glücksspielregelung der Bundesländer wäre eine Katastrophe, und die werden wir nicht mittragen. Herr Minister, in diesem Sinne fordern wir Sie auf, tätig zu werden.

(Horst Klee (CDU): Wenn es aber doch keine Einigung gibt?)

– Ja, aber die muss hergestellt werden.

(Horst Klee (CDU): Wie denn?)

Denn wir können es uns nicht leisten, dass in jedem einzelnen Bundesland unterschiedliche Regelungen für die Konzessionen angewendet werden. Das wäre eine Katastrophe und das Ende der staatlichen Lotterie.

(Horst Klee (CDU): Dafür sind aber doch nicht wir verantwortlich!)

– Herr Klee, natürlich sind wir dafür verantwortlich, denn wir haben hier die Federführung.

(Beifall bei der LINKEN)