Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Heidemarie Scheuch-Paschkewitz: Schwarzgrün verfehlt Umweltziele deutlich

Heidemarie Scheuch-PaschkewitzThemenRegierung und Hessischer LandtagUmwelt- und Klimaschutz

In seiner 137. Plenarsitzung am 28.06.2023 diskutiert der Hessische Landtag über die Landwirtschaftsförderung. Dazu unsere umweltpolitische Sprecherin Heidemarie Scheuch-Paschkewitz

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, verehrte Gäste!

Ich kann Herrn Müller in dem Punkt recht geben. Bestimmt sind die GRÜNEN in dem Falle nicht die Totengräber, aber sie tun auch nichts dafür, wenn Großbetriebe oder landwirtschaftsferne Betriebe Ackerflächen pachten und dadurch die Pacht für Kleinbetriebe unerschwinglich wird.

Aber nun zu meiner Rede. Ehrlich gesagt, entzieht sich mir der Sinn Ihres Antrags. Ja, es ist Wahlkampf, und man muss Themen besetzen; das weiß auch ich. Aber was wollen Sie uns mit diesem Antrag mitteilen? Dass der Anteil des Ökolandbaus in Hessen auf 16 % gestiegen sei, hat Kollege Müller von den GRÜNEN bereits 2021 in einer Pressemitteilung bejubelt. Jetzt sei der Anteil laut Ihrem Antrag auf über 16 % gestiegen – was bedeutet, dass die Umstellung auf den ökologischen Landbau fast stagniert.

Wollen Sie uns durch die Blume sagen, dass Sie Ihr Ziel aus dem Koalitionsvertrag, bis 2025 auf einen Anteil von 25 % zu kommen, wohl nicht erreichen werden? Ich sehe ein, dass eine Steigerung von über 8 Prozentpunkten in zwei Jahren nicht möglich sein wird. Das hätten Sie in Ihrem Antrag aber auch etwas einfacher formulieren können.

Aus den Punkten 2 und 3 des Antrags der Regierungsfraktionen nehme ich mit, dass Sie das HALM-Programm weiterführen wollen, aber an die Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU, die sogenannte GAP, anpassen werden. Abgesehen davon, dass es immer etwas armselig ist, wenn die regierungstragenden Fraktionen ihre eigene Regierung dazu auffordern, etwas zu tun, von dem die Regierung beschlossen hat, dass sie das gerne tun möchte.

Jetzt wird es an dieser Stelle völlig banal. Alle Länder müssen alle fünf Jahre ihre Agrarförderung anpassen, weil die GAP alle fünf Jahre neu ausgehandelt wird. Der Neuigkeitswert geht also gegen null.

Warum Sie an dieser Stelle nicht auf die Änderungen der GAP und deren Bedeutung für Hessen eingehen, ist mir ein Rätsel. Wie wir fast alle wissen, wurde die Mittelvergabe aus Brüssel leider nicht in dem Maße an die Herausforderungen der Klimakrise angepasst, wie es notwendig gewesen wäre. Umweltverbände und die Lobby der ökologischen Landwirtschaft konnten sich gegen die Agrarlobby der großen Konzerne nicht durchsetzen.

Die Landesregierung hätte zu dem Schluss kommen können, dass die EU-Richtlinien in der Klimakrise nicht ausreichen, und man hätte mit eigenen Mitteln nachsteuern können. So verstehe ich die Forderung der SPD nach einem hessischen Weg.

Das macht die Landesregierung aber nicht, weil in Hessen zwischen GRÜNEN und CDU genau die gleichen Konfrontationslinien verlaufen wie auf EU-Ebene. Das erklärt wiederum, warum der Antrag von CDU und GRÜNEN an dieser Stelle so nichtssagend ist.

Zum Klimaschutz und zum Humusaufbau. Dass Sie ein innovatives Verfahren zum Humusaufbau fördern wollen, hat hingegen fast Neuigkeitswert. Zum Thema Humusaufbau und Klimawandel möchte ich meine Kollegin und ehemalige Abg. Marjana Schott zitieren. Sie stellte hier in einer Rede im Plenarsaal fest:

Landwirtschaft ist beim Thema Klimawandel Teil des Problems und Teil der Lösung zugleich. Der hohe Energieeinsatz in der konventionellen Landwirtschaft, Methanausgasungen und Humusverlust beschleunigen den Klimawandel. Durch sparsameren Energieeinsatz und unter Berücksichtigung der bereits erprobten klimaschonenden Anbaumethoden wie im ökologischen Landbau kann die Landwirtschaft aber zum Klimaschutz beitragen – vor allem dann, wenn es gelingt, landwirtschaftliche Böden über eine Humusanreicherung zu CO2-Senken zu machen.

Der Punkt ist nicht, dass wir schon immer alles besser wussten; der Punkt ist, dass diese Rede im April 2014 anlässlich der ersten Regierungserklärung von Ministerin Hinz gehalten wurde. Der Punkt ist, dass sich die praxistaugliche Ausrichtung der Landwirtschaft an den Herausforderungen des Arten- und Biotopschutzes unter SchwarzGrün im Schneckentempo vollzieht. Neun Jahre SchwarzGrün, und am Ende der zweiten Legislaturperiode, also zu dem Zeitpunkt, an dem eine Regierung eigentlich „fertig hat“, kündigt die Regierung das als neu an, was sie in den neun Jahren nicht umsetzen konnte.

So ist es auch mit dem lange angekündigten Pestizidreduktionsplan oder dem Flächenschutz.

(Beifall DIE LINKE)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, im Verbraucherschutz würde man das eine Mogelpackung nennen.

Wenn man den Antrag der Regierungsfraktionen etwas gründlicher liest, offenbart er die offenen Flanken und das Versagen von Schwarz-Grün in der Agrarpolitik. Ich bleibe dabei: Ich verstehe nicht, warum Sie diesen Antrag eingebracht haben.

(Beifall DIE LINKE)

Das Überleben der Landwirte, besonders der kleinen Betriebe, ist überhaupt kein Gegenstand des Antrags. Wenn man schon das Thema Landwirtschaft im Wahlkampf setzen will, ist das eine sogenannte echte Fehlstelle. Da hat die FDP recht; mit mehr aber auch nicht.

Aktuell werden Lebensmittel und Landwirtschaftsflächen immer öfter zu Spekulationsobjekten auf einem deregulierten Weltagrarmarkt. Deshalb ist es eine Schlüsselaufgabe der Agrarpolitik, eine flächendeckende nachhaltige Landwirtschaft mit einer vielfältigen Agrarstruktur und breiten Eigentumsstreuungen in den Händen der regionalen Akteurinnen und Akteure zu sichern.

DIE LINKE will die breite soziale Streuung des Grundeigentums in Hessen erhalten sowie das private Kleineigentum, das genossenschaftliche und das öffentliche Eigentum vor dem Ausverkauf schützen.

(Beifall DIE LINKE)

Die Landesregierung könnte dies über ein Agrarflächenstrukturgesetz, wie es beispielsweise in Thüringen gemacht wird, verhindern.

Durch Landverkäufe an landwirtschaftsferne Kapitalgeber steigen nicht nur die Kaufpreise für Agrarland, sondern auch die Preise für die Pachten, da Investoren ihre Kosten in der Regel refinanzieren wollen und auf die Nutzer der Flächen, die Landwirte, umlegen.

Wenn Sie das Problem nicht schnell angehen, wird der Kapitalmarkt und nicht die Förderung der ökologischen Landwirtschaft, wie die FDP behauptet, auch die letzten Kleinbetriebe zum Aufgeben gebracht haben. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)