Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Hermann Schaus zur hessischen Sportförderung

Hermann SchausInnenpolitik

In seiner 87. Plenarsitzung am 10. November 2021 diskutierte der Hessische Landtag über die Sportförderung des Landes Hessen. Dazu die Rede unseres sportpolitischen Sprechers Hermann Schaus.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Letzten Sonntag haben meine Frau und ich das erste Mal seit Beginn der Pandemie wieder ein Handballspiel der HSG Dutenhofen/Münchholzhausen besucht – nicht zu verwechseln mit der Profimannschaft HSG Wetzlar, die ursprünglich aus dieser Sportgemeinschaft hervorging. Bei diesem Spiel waren Corona-bedingt nur 80 Zuschauerinnen und Zuschauer zugelassen. Zu guten Zeiten kamen früher schon einmal 400 bis 500 Menschen zusammen. Warum spreche ich das hier an? – Zunächst war es für mich ein besonderes Erlebnis, nach so langer Zeit wieder als Zuschauer diese Amateurmannschaft unterstützen und endlich wieder Gleichgesinnte in der Sporthalle treffen zu können. Für den Verein – wie in allen anderen 7.600 Sportvereinen in Hessen auch – war es aber auch wichtig, endlich wieder Eintrittsgelder zu erhalten oder durch den ehrenamtlich betriebenen Verkauf von Würstchen und Getränken zu kleinen Preisen wieder etwas Geld für die Vereinskasse zu erzielen, wenn auch in bescheidenem Umfang. Wir dürfen nämlich nicht vergessen, dass die Sportvereine nicht nur durch 72.000 Vereinsaustritte, sondern besonders auch durch den Wegfall ihrer Turniere, Feste und Veranstaltungen erhebliche Einnahmeausfälle zu verzeichnen hatten und noch haben. Was dabei landesweit an Einnahmen insgesamt weggebrochen ist, kann niemand genau beziffern. Es ist aber mit Sicherheit ein Vielfaches dessen, was CDU und GRÜNE in ihrem vorgelegten Jubelantrag so alles zusammen an Programmen aufgelistet haben. (Beifall DIE LINKE, SPD und vereinzelt Freie Demokraten) Diese Einnahmeausfälle werden noch lange nach der Pandemie die Vereine belasten und deren ehrenamtliche Arbeit teilweise einschränken, weshalb sie langfristig noch mehr Unterstützung benötigen. Deshalb hätte ich mir auch gewünscht, dass die Koalitionsfraktionen in ihrem nun vorgelegten Entschließungsantrag diesen wichtigen Aspekt der ehrenamtlichen Arbeit ebenso umfangreich würdigen und nicht nur bei ihrer ewig wiederkehrenden Beschreibung ihrer Wohltaten für den Sport und die Sportvereine verharren. Besonders die CDU kann es wieder einmal nicht lassen, sich selbst als die herausragende Sportförderpartei zu inszenieren. (Zuruf Holger Bellino (CDU)) Dafür werden dann auch alle Sportförderprogramme im Antrag mit dem Namen – ich habe bei meinem Vorredner „Dachmarke“ verstanden – „Sportland Hessen in Zeiten der Pandemie – (Sport-)Förderung im Sinne dieser Gesellschaft“ mit aufgeführt, die überhaupt nichts mit der Corona-Pandemie zu tun haben oder bereits vorher beschlossen waren. Da wird z. B. in Punkt 6 das SWIM-Programm aufgeführt, das bereits seit 2019 besteht. Das hat mit Corona eigentlich wenig zu tun. Dieses Schwimmbad-Investitions- und Modernisierungsprogramm mit jährlich 12,5 Millionen € war übrigens die Reaktion auf die zuvor jährlich eingebrachten Haushaltsanträge der LINKEN, wo wir Jahr für Jahr ein Programm mit jährlich 25 Millionen € für Modernisierungs- und Betriebskostenzuschüsse der Frei- und Hallenbäder forderten. Links wirkt also auch indirekt. (Beifall DIE LINKE) Gleiches gilt für die – übrigens gemeinsam von den Fraktionen unterstützte – Erhöhung der Basisfinanzierung des Landessportbundes Hessen, wie auch für die Programme „Sport und Flüchtlinge“, Förderung des Behindertensports oder die Förderung des Leistungssports, um nur einige zu nennen, die in diesem Antrag aufgeführt sind. Das unterstützen wir doch alle. Ja, Hessen ist, wie die Koalitionsfraktionen ihren Antrag überschrieben haben – ich betone: auch – ein „Sportland“, ebenso wie übrigens die Bundesländer Rheinland-Pfalz, Thüringen, Schleswig-Holstein, Bremen oder Berlin. Alle Bundesländer, ja, die Bundesrepublik Deutschland sind in gleicher Weise „Sportland“. Hessen bildet da doch keine besondere Ausnahme, wie das gerne immer wieder behauptet wird. Überall gibt es doch mit den Sportverbänden abgestimmte Corona-Förderprogramme. Auch wenn diese nicht im Detail die gleichen sind wie in Hessen, so gibt es doch ein gleich gelagertes Unterstützungsinteresse in allen Bundesländern, meine Damen und Herren. Bitte hören Sie also auf, sich als Koalition mit solchen Jubelanträgen selbst und Ihre Leistungen im Sport in den Himmel zu heben. Und bitte verlassen Sie nicht erneut den schon seit vielen Jahren bestehenden Konsens der demokratischen Fraktionen im Hessischen Landtag. Sportförderung sehen wir doch als unsere gemeinsame Aufgabe an. Parteipolitische Spielchen sollten also tunlichst unterbleiben. (Beifall DIE LINKE)  Wir sind uns doch, was die neu aufgelegten und mit dem Landessportbund abgestimmten besonderen Corona-Programme angeht, im Grundsatz einig. Auch wir wollen, dass die Sportvereine wieder alle auf die Füße kommen und durch besondere Programme unterstützt werden. Übrigens: Auch wir begrüßen es, dass sich das Land mit der DLRG, dem Schwimmverband, dem Tauchsportverband und dem Landesverband der Schwimmmeister mit der Kampagne „Hessen lernt Schwimmen“ auf kostenlose Schwimmkurse für acht- bis 13-jährige Kinder verständigt hat. Das ist gut und wichtig, wird aber nicht ausreichend. Wenn Sie aber in Punkt 9 Ihres Antrages schreiben – ich zitiere –: Darüber hinaus haben Schulen die Möglichkeit, unabhängig vom Alter der Schülerinnen und Schüler, selbstständig Schwimmkurse zu organisieren. Dies kann durch die Einbindung von entsprechend qualifiziertem Lehrpersonal im Sportunterricht geschehen oder etwa im Rahmen von Projekttagen und -wochen. Die Schulsportkoordination der Staatlichen Schulämter steht den Schulen hierbei beratend zur Verfügung. dann hört sich das für mich so an wie Abschieben des Problems auf die Lehrerinnen und Lehrer. Ich frage deshalb: Stehen denn zwischenzeitlich genug Bäder für den Schwimmunterricht von Schülerinnen und Schülern ortsnah zur Verfügung? Wer koordiniert das und kümmert sich darum, dass eine optimale Nutzung der vorhandenen Bäder überhaupt möglich ist? Beim Schwimmunterricht habe ich weiterhin den Eindruck, dass seitens des Kultusministers und auch des Sportministers viel zu wenig unternommen wird, damit alle Schülerinnen und Schüler – wie vorgesehen – bis zur 4. Klasse schwimmen lernen. Ich würde mir deshalb sehr wünschen, dass die Koalition diese wichtige Aufgabe – bei all Ihrem Eigenlob – nicht verdrängt, sondern endlich konsequent angeht. – Vielen Dank. (Beifall DIE LINKE)