Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Jan Schalauske: Mietspiegel ist ein Mieterhöhungsspiegel - für eine echte Durchschnittsmiete und einen Mietendeckel!

Jan SchalauskeWohnen

In seiner 93. Plenarsitzung am 01. Februar 2022 diskutierte der Hessische Landtag zur Einführung von verpflichtenden Mietspiegeln in hessischen Kommunen mit mehr als 50.000 Einwohner:innen. Dazu die Rede unseres Vorsitzenden und wohnungspolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mein Redebeitrag wird deutlich machen, dass wir uns in diesem Punkt eben doch nicht in dieser Grundsätzlichkeit einig sind; denn der heute vorliegende Gesetzentwurf von CDU und GRÜNEN über die Zuständigkeit für die Erstellung und Anerkennung von Mietspiegeln ist, das haben die Vorrednerinnen und Vorredner deutlich gemacht, eine Konsequenz aus einer Reform des Mietspiegelgesetzes auf Bundesebene – ich würde noch hinzufügen: einer halbherzigen Reform –, die noch von der alten Bundesregierung beschlossen worden ist. Demnach ist es den Ländern aufgetragen worden, und das ist auch richtig, über die zuständige Behörde für die Umsetzung des Mietspiegels zu entscheiden.

Frau Förster-Heldmann hat gesagt: „Na ja, der Mietspiegel ist auch gut für alle Mieterinnen und Mieter.“ Deswegen müssen wir hier schon noch einmal darüber reden, was denn eigentlich ein Mietspiegel ist. Wenn Sie nämlich Mieterinnen und Mieter auf der Straße fragen, was eigentlich der Mietspiegel ist, dann sagen die Ihnen: „Der Mietspiegel wird doch vermutlich die durchschnittliche Miete in einer Stadt angeben.“ – Ich sage einmal: Schön wäre es, wenn dem so wäre. Der Mietspiegel aber gibt – und das ist auch in der Debatte gesagt worden – die ortsübliche Vergleichsmiete an, die in einer Stadt für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten sechs Jahren neu vereinbart oder geändert wurde.

Es sind also vor allem die Neuvermietungspreise der letzten Jahre, und das ist der Zeitraum, in dem wir eine horrende Mietpreisexplosion erlebt haben, die den Mietspiegel ausmacht. Bei einer Fortschreibung der Mietpreisentwicklung erhöhen sich dann die Mietspiegel auch kontinuierlich. Und das Problem ist dann – anders, als der Kollege Müller eben behauptet hat; der ist jetzt, glaube ich, gar nicht mehr da –,

(Zurufe: Doch, er ist da, er sitzt hier hinten! – Stefan Müller (Heidenrod) (Freie Demokraten) hebt die

Hand.)

dass ein Mietpreisspiegel eben nicht zur Befriedung beiträgt, sondern er ist Mieterhöhungsspiegel. Das ist der Kern des politischen Problems bei dieser Frage.

(Beifall DIE LINKE)

Das Ziel ist eben nicht, den weiteren Anstieg der Mieten zu verhindern und Wohnungen damit bezahlbar zu halten. Vielmehr ist letztlich das Ziel, die Mieterhöhung in einem gewissen Rahmen zu halten. Daran ändert auch die Verknüpfung mit den aus unserer Sicht noch immer unzureichenden Maßnahmen wie der Mietpreisbremse und der Kappungsgrenze nichts, die nicht in der Lage waren, etwas gegen den Preisanstieg der letzten Jahre zu tun.

Die Bundestagsfraktion der LINKEN schlägt daher vor, zu einem Mietspiegel zurückzukehren, der seinen Namen auch wirklich verdient. Das könnte eine Durchschnittsmiete sein; so etwas hat es bis in die Achtzigerjahre auch gegeben. Darin wären dann alle Mieten einbezogen, nicht nur die auf dem sogenannten freien Wohnungsmarkt, sondern alle. Das würde bedeuten, dass das allgemeine Mietniveau gesenkt und Mieterhöhungen stärker begrenzt werden. Das ist das, was wir in der Mietenpolitik brauchen.

Denn ohne eine solche Aufwertung der Mietpreisbremse – das ist der nächste Punkt – zu einem echten Mietenstopp, zu einem echten Mietendeckel wäre aber auch die Durchschnittsmiete letztlich nicht die entscheidende Lösung des Problems, sondern nur ein Beitrag. Wir brauchen den Mietendeckel auch deshalb, weil ein Mietspiegel – gerade so, wie er jetzt konzipiert ist – im schlechtesten Fall dazu beitragen kann, dass Vermieter auf die Idee kommen, dass sie die vermeintlich zu niedrigen Bestandsmieten auf das Niveau eines Mietspiegels erhöhen. Es muss doch einen Grund dafür geben, warum Städte in Hessen zwischen 50.000 und 100.000 Einwohnern bisher dazu angehalten waren und es ihnen empfohlen wurde, einen Mietspiegel einzuführen, sie es aber nicht gemacht haben, weil sie nämlich genau diese Befürchtungen haben.

Deswegen ist der Mietspiegel in dieser Form mindestens einmal politisch nicht unumstritten – man könnte auch sagen: problematisch. Und deswegen bräuchten wir eigentlich ganz andere Maßnahmen, um gegen den Mietenwahnsinn in Hessen vorzugehen.

(Beifall DIE LINKE)

Ich will aber noch sagen: Bei dem vorliegenden Gesetzentwurf sind wir uns natürlich in einem Punkt einig. Wenn ein Mietspiegel kommen muss, dann soll der von den Kommunen gemacht werden. Warum Sie jetzt allerdings den Kommunen empfehlen, sie sollten dabei auf Sponsoring durch Banken und Versicherungen zurückgreifen, erschließt sich mir nicht so ganz,

(Christiane Böhm (DIE LINKE): Das ist ja wohl der Hammer!) zumal wir nun auch wissen, dass Banken und Versicherungen von den Entwicklungen der letzten Jahre durchaus profitiert haben. Also, ich finde, das ist kein besonders guter Vorschlag. Wenn Sie schon sagen, Sie fördern die Einführung von Mietspiegeln, dann wäre es doch gut, das Land würde sie einfach komplett bezahlen, statt solche merkwürdigen Vorschläge zu machen.

(Beifall DIE LINKE)

Ich komme zum Schluss. Am eigentlichen Problem geht das vorbei. Der grüne Wohnungsbauminister ist seit Jahren untätig. Wir haben kein Gesetz gegen Leerstand und Zweckentfremdung. Wir haben eine Stagnation bei der Entwicklung des sozialen Wohnungsbaus. Auch für eine wirkliche Deckelung der Mieten haben Sie sich weder in Hessen noch im Bund eingesetzt. Daran ändert auch der vorliegende Gesetzentwurf nichts.

(Beifall DIE LINKE)