Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Jan Schalauske: Schulen reparieren – Investitionsbremse lösen

Jan SchalauskeBildungHaushalt und Finanzen

In seiner 116. Plenarsitzung am 12. Oktober 2022 diskutierte der Hessische Landtag unseren Gesetzentwurf zur „reparierten Schule“. Dazu die Rede unseres Vorsitzenden und finanzpolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Noch immer gehört es zu den größten Ungerechtigkeiten hierzulande, dass der Bildungserfolg von Schülerinnen und Schülern in kaum einem anderen Land so stark von der sozialen Herkunft abhängt wie in Deutschland. Da ist es unsere Aufgabe, an dieser Ungerechtigkeit etwas zu ändern. Zu einer sozial gerechten Schulpolitik gehören eben auch gut sanierte und gut ausgebaute Schulen.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn man sich umschaut, sieht man: In vielen hessischen Städten und Gemeinden ist die Schule leider schon am äußeren Erscheinungsbild leicht zu erkennen – sie ist weit und breit das baufälligste Gebäude am Ort. Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer sowie Eltern beklagen sich seit Jahren über Dächer, durch die es reinregnet, über Toiletten, die nicht funktionieren, über Fenster, die undicht, und über Sporthallen, die marode sind.

Erinnern wir uns daran, dass sogar in Hessen immer mal wieder Schulgebäude sogar teilweise gesperrt werden müssen, weil der bauliche Zustand einen sicheren Betrieb nicht mehr erlaubte. Ich finde, ein reiches Bundesland wie Hessen darf sich mit solchen Zuständen an hessischen Schulbauten nicht abfinden.

(Beifall DIE LINKE)

Jetzt werden die Vertreter von CDU und GRÜNEN entgegnen, Schulbauten seien Aufgabe der Kommunen. Ich will auch klar sagen: Ja, so ist es, und so soll es bleiben. Aber wer beim Thema Schulbau allein auf die Kommunen verweist, der muss sich Problemen stellen, dass z. B. die Qualität von Schulräumen dann auch von der kommunalen Kassenlage abhängig ist, dass viele Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Hessen in baulich sehr unterschiedlich guten Schulräumen unterrichtet werden.

So werden sich CDU und GRÜNE dem Problem stellen müssen, dass die Kommunen erstens nicht ausreichend finanziert sind und dass zweitens die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im Schulbereich nicht garantiert werden kann. Deswegen ist unser Gesetzentwurf, um es gleich vorwegzunehmen, kein Angriff auf die kommunale Selbstverwaltung, sondern eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, indem er die kommunale Finanzsituation verbessert.

(Beifall DIE LINKE)

Natürlich steht Hessen auch mit diesen Problemen nicht allein da. Das KfW-Kommunalpanel 2022 sieht bundesweit im Schulbereich einen Investitionsrückstand in Höhe von über 45 Milliarden €. In Hessen gibt es auch einen erheblichen Investitionsstau. Eine Untersuchung der GEW aus dem Jahr 2020 zeigt, dass die kommunalen Investitionen und Unterhaltungsausgaben für die Schulinfrastruktur vor allem dort höher ausfallen, wo Menschen mit höheren Einkommen leben.

Um das zuzuspitzen: Die Schulen sind dort in einem besseren Zustand, wo die Kinder von reicheren oder vermögenderen Eltern lernen.

(Claudia Ravensburg (CDU): Das ist eine Unterstellung!)

Wir finden, das ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, die beseitigt werden muss.

(Beifall DIE LINKE)

Deswegen sehen wir das Land Hessen in der Pflicht, die Kommunen mit einem Sonderprogramm zu unterstützen, das wir „Die reparierte Schule“ nennen. Das Ziel für die nächsten vier Jahre soll sein, etwa 2 Milliarden € zur Verfügung zu stellen, um Schulen baulich instand zu setzen und die Schulinfrastruktur zu sanieren.

In Zeiten der Schuldenbremse – wir finden sie nicht besonders toll; das wissen Sie – muss man, solange sie gilt, kreativer werden. Wir schlagen deshalb vor, dass die Kommunen Kredite bei der WIBank aufnehmen, für die das Land dann die Tilgung und die Zinsen übernimmt. Uns ist es wichtiger, jungen Generationen gute Lernbedingungen zu schaffen, als immer wieder dem Fetisch der schwarzen Null hinterherzulaufen. Im Übrigen schlagen wir Ihnen nichts allzu Revolutionäres vor, sondern einen Weg, den vor einigen Jahren das Land Nordrhein-Westfalen beschritten hat.

Unser Vorschlag ist eine klassische Win-win-Situation, auch für politisch Verantwortliche, die den Positionen der LINKEN nicht unbedingt nahestehen. Der Landeshaushalt ist ohne Weiteres in der Lage, die Kosten zu tragen; die Schuldenbremse wird formal eingehalten, und die Kommunen bekommen weitere Handlungsspielräume. Das ist eine Win-win-Situation für die Schülerinnen und Schüler, für die Kommunen und für alle, die Interesse an gut ausgebauter Infrastruktur haben.

(Beifall DIE LINKE)

Ich bin gespannt auf die Beratungen im Ausschuss, ich bin gespannt auf eine Anhörung, und ich bin gespannt, welche Ausreden der Landesregierung dann vielleicht einfallen, wenn es darum geht, ein paar eigene Mittel in die Hand zu nehmen, um die Schulen zu sanieren.

Wir wissen auch, dass die 2 Milliarden € – an dieser Zahl werden Sie wahrscheinlich gleichsam auch festkleben –, mit Blick auf die Bedarfe bei Weitem nicht ausreichen.

Aber die Landesregierung hat die Probleme so lange ignoriert, dass sie in vier Jahren nicht zu lösen sind. Besser ist, eher heute als morgen damit anzufangen. Wir schlagen vor, dass der Haushaltsausschuss – –

Vizepräsidentin Karin Müller:

Herr Abg. Schalauske, Sie müssen zum letzten Satz kommen.

Jan Schalauske (DIE LINKE):

Genau, das ist mein letzter Satz. – Wir schlagen vor, dass der Haushaltsausschuss, federführend, die Beratung mit dem Kulturpolitischen Ausschuss übernimmt; wir freuen uns auf die Beratung dieses Gesetzentwurfs.

(Beifall DIE LINKE)