Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Jan Schalauske zum Hessischen Finanzausgleichsgesetz

Jan SchalauskeHaushalt und Finanzen

In seiner 118. Plenarsitzung am 15. November 2022 diskutierte der Hessische Landtag zum Hessischen Finanzausgleichsgesetz. Dazu die Rede unseres Vorsitzenden und finanzpolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Ich würde sagen: Der unvoreingenommene Beobachter könnte sich am Anfang der Debatte doch etwas darüber gewundert haben, dass zu einem – ich sage einmal – bodenständigen und doch vielleicht übersichtlichen Gesetzentwurf eine Rede vom Kollegen Reul kam, die eher einer schwarzen Märchenstunde über vermeintlich selige Zustände in den hessischen Kommunen glich, die etwas mit diesem Gesetzentwurf zu tun hätten. Da muss man sich fragen, was Sie zu dieser Märchenstunde verleitet hat. Viel über Ihren Gesetzentwurf haben Sie jedenfalls nicht gesprochen.

Was macht eigentlich der Gesetzentwurf? – Der passt sozusagen eine in der Corona-Krise getroffene Vereinbarung zwischen den Kommunalen Spitzenverbänden und der Landesregierung aufgrund der veränderten Entwicklung an.

Wenn man sich das noch einmal anschaut, muss man zu dem Ergebnis kommen: Ja, es ist erfreulich, dass einem Vorschlag der Kommunalen Spitzenverbände gefolgt wird und der Aufwuchs der Mittel im KFA von 628 Millionen € im Jahr 2024 je hälftig auf die Jahre 2023 und 2024 verteilt wird. Aber was Sie nicht machen, ist, die KFA-Masse 2023 nach der alten Rechtslage anwachsen zu lassen – so hat es der Hessische Städtetag vorgeschlagen. Das war ein Wunsch der Kommunalen Spitzenverbände; dem sind Sie nicht gefolgt. Das hätte hier zur Darstellung und zur Wahrheit dazugehört.

Der unvoreingenommene Beobachter muss auch zur Kenntnis nehmen, dass Sie hier zwar immer wieder von Rekordwerten für den Kommunalen Finanzausgleich sprechen und dass der sich in den letzten Jahren aus Ihrer Sicht phänomenal entwickelt hat. Aber es ist kein Wunder – auch darauf ist in dieser Debatte schon hingewiesen worden –, dass sich der Kommunale Finanzausgleich erhöht hat; denn der Landeshaushalt und die Einnahmesituation des Landes Hessen haben sich in der gleichen Zeit eben auch enorm erhöht.

Da hat es ein paar krisenhafte Entwicklungen und deswegen auch Sondervereinbarungen gegeben, aber insgesamt – das haben Ihnen die Kommunalen Spitzenverbände sogar vorgerechnet – sind die Mittel des Landes an die Kommunen weniger gestiegen als die Finanzmittel des Landes insgesamt. Ich glaube, es würde zur Ehrlichkeit dazu gehören, das an dieser Stelle auch zu sagen; denn das relativiert dann wieder Ihre Aussagen über die vermeintlichen Rekordwerte.

Was der Gesetzentwurf insgesamt noch einmal deutlich macht, ist, dass der Kommunale Finanzausgleich offensichtlich nicht krisenfest ist; denn wir haben die CoronaKrise gehabt. Wir haben jetzt eine Energiekrise. Wir haben eine Preiskrise. Sie müssen jetzt zum wiederholten Mal am Kommunalen Finanzausgleich herumdoktern. Sie mussten 2021 Vereinbarungen treffen, die den zentralen Hebel, den zentralen Mechanismus des Kommunalen Finanzausgleichs ausgesetzt haben. Sie stellen jetzt fest, dass die Vereinbarungen aus der Krise 2021 wiederum nicht geeignet sind, um die Krisen 2023 und 2024 zu bewältigen. Es wird deutlich, dass es mit dem System des Kommunalen Finanzausgleichs eben doch nicht gelungen ist, eine krisenfeste Finanzierung der Kommunen zu gewährleisten.

Auch ich habe an der Anhörung der Kommunalen Spitzenverbände teilgenommen. Ich habe wahrgenommen, dass die Kommunalen Spitzenverbände uns zurückgemeldet haben, dass am Ende weder die Mittel des Kommunalen Finanzausgleichs noch die Mittel der Aufstockung ausreichen. Die Spitzenverbände haben darauf hingewiesen, dass sie auch aufgrund der Inflation und der jüngeren Entwicklung, vom Wert her gesehen, diese Jahre weniger in der Tasche haben werden, als sie noch 2020 erwartet haben. Auch das ist ein Teil der Realität, den die Redebeiträge der Regierungsfraktionen hier ausgeblendet haben.

Herr Kaufmann, weil Sie die Partnerschaft mit den Kommunen so beschworen haben, frage ich Sie doch: Wie ist denn der Umgang der Landesregierung mit dem NeunPunkte-Papier?

Es ist ein Neun-Punkte-Papier, das in den fünf Jahren, in denen ich im Hessischen Landtag bin, in einer einmaligen Gemeinsamkeit und Deutlichkeit auf die Finanzprobleme der Kommunen hinweist. Sie machen deutlich, wo es fehlt an Mitteln für den öffentlichen kommunalen Nahverkehr, bei der Krankenhausfinanzierung, bei der Digitalisierung der Schulen, bei Geflüchteten und bei der Kinderbetreuung. Ich will fast sagen, in einem einmaligen Appell wenden sich die Kommunen an die Landesregierung und sagen: Nein, es reicht eben nicht mit der Mindestbedarfsdeckung durch den KFA, es reicht auch nicht mit der Umsetzung der politischen Vereinbarung, sondern wir brauchen mehr Mittel, damit die Kommunen mit den Aufgaben, die ihnen politisch durch den Landtag und den Bund zugewiesen werden, zurechtkommen.

Was haben wir da gehört? Die Kommunen haben einen Katalog vorgelegt, und Sie waren noch nicht einmal ernsthaft bereit, diesen Katalog mit den Kommunalen Spitzenverbänden zu debattieren. Auch das haben Sie hier ausgeblendet.

Relativ unstrittig ist sicherlich die Verlängerung der Investitionen aus der Hessenkasse. Dass wir da noch einmal zwei Jahre verlängern, erscheint durchaus sinnvoll. Viele Baumaßnahmen konnten nicht so durchgeführt werden wie ursprünglich geplant. Das ist auch in Ordnung. Es ist aber ein weiterer Beleg und ein Zeichen dafür, dass die Kommunen nicht die Möglichkeiten haben, ihre Aufgaben entsprechend zu gewährleisten. In den Bereichen Baumaßnahmen und Planung muss mehr passieren. Wenn wir wollen, dass die Kommunen mehr investieren, dann brauchen sie dazu eine dauerhaft bessere Finanzausstattung.

Meine Wahrnehmung der Anhörung mit den Kommunalen Spitzenverbänden war, dass sie gesagt haben: Die Inflation wird uns große Probleme bereiten. Wir brauchen deswegen eine größere Unterstützung. Die Mindestausstattung durch den Kommunalen Finanzausgleich ist nicht so gewährleistet, wie man sich das damals vorgestellt hat. Deswegen brauchen wir nicht nur kurzfristig mehr Mittel, sondern der Kommunale Finanzausgleich braucht eine umfassende Revision. – Ich bin mir sicher, dass wir diese Argumente auch im Ausschuss noch einmal austauschen, sie berücksichtigen und sie einfließen lassen.

Es ist völlig klar, wenn wir Investitionen in die Zukunft haben wollen, wenn wir wollen, dass die Kommunen ihren Aufgaben dauerhaft gerecht werden, dann reicht es nicht, allein auf Rekordwerte zu verweisen, sondern dann muss man sehen, dass die Kommunen die Mittel bekommen, um ihre Aufgaben auch bewältigen zu können. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)