Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Jan Schalauske zur Förderung des stationsbasierten Carsharings

Jan SchalauskeHaushalt und FinanzenVerkehr

In seiner 82. Plenarsitzung am 28. September 2021 diskutierte der Hessische Landtag über die Förderung des stationsbasierten Carsharings. Dazu die Rede unserer haushaltspolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ja, tatsächlich, ich gehöre der Fraktion DIE LINKE an. Ich möchte aber, bevor ich zur Sache spreche, auch noch ein paar Worte an den Kollegen Jürgen Lenders richten. Ich wünsche Ihnen auch im Namen unserer Fraktion persönlich alles Gute in Berlin. Ich habe Sie in den letzten zwei Jahren vor allem in der Auseinandersetzung um die Wohnungsfrage kennengelernt, mit Ihnen politisch debattiert. Wir haben dabei sehr unterschiedliche, grundsätzlich unterschiedliche Perspektiven eingenommen, ja, ich glaube sogar, Interessen vertreten. Nichtsdestotrotz habe ich Sie in all diesen Debatten immer als jemanden erlebt, mit dem man sich fair und an der Sache orientiert auseinandersetzen kann. Das habe ich sehr an Ihnen geschätzt.

Ich muss jetzt natürlich eine Korrektur machen. Wenn mein Kollege Hermann Schaus gesagt hat, dass einst unter FDP-Verantwortung mehr Sozialwohnungen gebaut worden sind als heute unter Schwarz-Grün oder in den letzten Jahren unter Schwarz-Grün, dann war das natürlich weniger ein Lob an die FDP, sondern eher eine scharfe Kritik an dem zuständigen grünen Minister – geschenkt. Ihnen persönlich alles Gute in Berlin.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Jürgen Lenders (Freie Demokraten))

Jetzt kommen wir aber zur Sache, zum Carsharing-Gesetz, zu den zwei Gesetzentwürfen. Sie sind in der Sache, wenn man sich die seriösen Argumente anschaut, völlig unstrittig. Es geht darum: Kommunen sollen für Carsharing reservierte Stellplätze im öffentlichen Straßenland – so, habe ich gelernt, sagt man das fachplanerisch, man könnte auch Straßenraum sagen – ausweisen können. Das ist bisher per Bundesgesetz schon für Bundesstraßen geregelt. Bisher und auch in der heutigen Debatte hat eigentlich niemand ein ernst zu nehmendes, ein seriöses, ein gutes Argument dagegen vorgebracht – auch nicht in einer kleinen, aber feinen Anhörung, von der ich hörte. Unsere Kritik wäre: Es hat ziemlich lange gedauert – nämlich seit 2017, als der Bundestag das beschlossen hat –, das in Landesrecht umzusetzen.

(Beifall Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE) und Freie Demokraten)

Wir finden, der zuerst vorgelegte Gesetzentwurf der FDP hätte das ebenso geregelt. Der Koalitionsentwurf enthält noch einige redaktionelle Änderungen, Anpassungen verschiedener Gesetze und Verordnungen, eine neue Aufgabenteilung, Bundesfernstraßengesellschaft. Das ist alles okay, auch wenn man natürlich an einem solchen Konstrukt weiter Kritik haben kann. Es kommt halt ein bisschen spät.

Unstrittig für uns – das haben wir immer deutlich gemacht –: Stationsgebundenes Carsharing ist eine ganz sinnvolle Sache. Der meiste Platz, den Autos in Städten blockieren, wird von geparkten Autos belegt. Jedes Fahrzeug wird im Schnitt nur 36 Minuten am Tag bewegt. In Großstädten dürfte das noch einmal viel weniger sein. Deswegen haben geparkte Autos ganz viel mit Blockade und ganz wenig mit Freiheit zu tun. Ich glaube, wenn man die Zahlen zur Kenntnis nimmt, dann kommt man auch zu dieser Erkenntnis oder könnte zu dieser Erkenntnis kommen.

Eine Carsharing-Station in Wohnortnähe ist ein attraktives Gegenangebot zu einem eigenen Auto. Wir sind auch der Auffassung, dass die Ausgestaltung dieses Angebots öffentlich und demokratisch durch die Kommunen geschehen sollte und nicht alleine dem Markt überlassen werden sollte – je nachdem, was die privaten Anbieter so wollen. Insofern ist es richtig, den Kommunen die Möglichkeit einzuräumen, Carsharing-Stationen im öffentlichen Straßenraum vorzusehen. Im Übrigen ist klar, dass diese Regelung des stationsbasierten Carsharings damit auch ein Beitrag zur Verkehrswende, zum Klimaschutz und am Ende zu mehr Lebensqualität in unseren Städten ist.

Es ist schon darüber diskutiert worden, ob einige Bundesländer schneller waren als das Land Hessen. Darüber kann man diskutieren, aber man braucht gar nicht auf andere Länder zu verweisen; denn einige Kommunen waren bei der Ausweisung von Carsharing-Stationen im öffentlichen Raum schon schneller. Die fanden das so wichtig, dass sie gar nicht erst auf die Hessische Landesregierung gewartet haben. Ich als Carsharing-Nutzer in Marburg freue mich über ein paar, über ein ganzes Dutzend von stationsgebundenen Carsharing-Parkplätzen im öffentlichen Straßenland. Zumindest erlebe ich die so. Ich finde es gut, dass Marburg da fortschrittlich vorangegangen ist und gar nicht auf das Land Hessen gewartet hat. Das wird in Zukunft vielleicht auch an vielen anderen Stellen immer mal so sein. Da deuten sich neue Mehrheitsverhältnisse an. Das ist aber ein ganz anderes Thema.

Wir hätten beiden Gesetzentwürfen durchaus zustimmen können, aber uns ärgert schon, dass die Landesregierung zum einen noch die Möglichkeit nutzt, ein paar redaktionelle Änderungen einzupflegen, was noch hinzunehmen wäre, aber – darauf haben auch schon einige Kollegen hingewiesen – zum anderen ist das Ansinnen etwas skurril, in der zweiten Lesung einen völlig sachfremden Änderungsantrag zum Rundfunkänderungsstaatsvertrag mit „ranzupappen“, wie man hessisch sagen würde. Das finden wir nicht sachgerecht. Damit sind wir auch sehr unzufrieden. So geht das nicht. Deswegen werden wir uns bei aller Begeisterung für das stationsgebundene Carsharing an dieser Stelle enthalten. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)