Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Jan Schalauske - #zusammengehtmehr - Solidarität mit den Streikenden im Öffentlichen Dienst

Jan SchalauskeWirtschaft und Arbeit

In seiner 132. Plenarsitzung am 23. März 2023 diskutierte der Hessische Landtag unsere Aktuelle Stunde zur aktuellen Tarifauseinandersetzung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes des Bundes und der Kommunen. Dazu die Rede unseres Vorsitzenden Jan Schalauske.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

In der aktuellen Tarifauseinandersetzung im öffentlichen Dienst geht es um über 2,6 Millionen Beschäftigte, die übergroße Mehrzahl davon in den Kommunen. Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst kämpfen für höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen sowie für mehr Respekt und Anerkennung für ihre wichtige Arbeit. Dabei haben sie die volle Unterstützung der LINKEN. Zusammen geht mehr.

(Beifall DIE LINKE)

Die Kolleginnen und Kollegen pflegen unsere Angehörigen, sie sorgen für unsere Mobilität, wir vertrauen ihnen unsere Kinder an, sie reinigen die Straßen und entsorgen unseren Müll. Ihre Arbeit kommt uns allen tagtäglich zugute. Dafür haben sie eine faire Entlohnung und gute Arbeitsbedingungen verdient. Ihre Arbeit ist systemrelevant.

(Beifall DIE LINKE)

Wissen Sie eigentlich, was Beschäftigte im öffentlichen Dienst verdienen? In den untersten Entgeltgruppen wird aktuell nur noch der gesetzliche Mindestlohn gezahlt. Beispielsweise liegt der Lohn von Busfahrern häufig nur knapp darüber. Manche sind auf zwei Jobs oder auf Transferleistungen angewiesen. Manche Busfahrerinnen und Busfahrer haben so miese Arbeitsbedingungen, dass sie während ihrer Arbeitszeit nicht einmal zur Toilette gehen können. Ich finde, das ist eine Schande für den Staat, der bei der Entlohnung und bei den Arbeitsbedingungen eigentlich Vorbild sein sollte.

(Beifall DIE LINKE)

Als LINKE unterstützen wir die Forderungen der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften nach 10,5 % mehr Lohn – mindestens 500 € mehr – sowie 200 € mehr für die Auszubildenden. Preissteigerungen bei den Mieten, bei Energie, bei Lebensmitteln und die hohe Inflation lassen auch den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes immer weniger Lohn zum Leben übrig. Deshalb sind diese Forderungen nicht überzogen. Nein, sie sind mehr als berechtigt.

(Beifall DIE LINKE)

Für diese Forderungen gehen die Kolleginnen und Kollegen seit Wochen auf die Straße. Allein in Hessen haben sich in der letzten Zeit landauf, landab viele Tausende Beschäftigte an vielfältigen Warnstreikaktionen beteiligt. Was machen die Arbeitgeber in dieser Situation? Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber und Bundesinnenministerin Faeser bieten gerade einmal eine Erhöhung der Löhne um 5 % – bei einer Laufzeit von 27 Monaten. Das ist eine verdammt lange Laufzeit. Die erste Erhöhung, um 3 %, soll erst Ende 2023 kommen, die zweite Erhöhung, um 2 %, sogar erst Mitte 2024. Das bedeutet für die Beschäftigten doch nichts anderes als saftige Reallohnverluste in einer Zeit hoher Inflation.

(Beifall DIE LINKE)

Der Mindestbetrag, der gerade für die unteren Lohngruppen so wichtig ist, ist gar nicht vorgesehen, und Einmalzahlungen helfen doch gar nicht langfristig. Viele Beschäftigte empfinden dieses Angebot deshalb als Unverschämtheit und Frechheit. Ich kann das sehr gut nachvollziehen. Respekt und Anerkennung sehen wirklich anders aus.

(Beifall DIE LINKE)

In diesen Tagen wird in der Gesellschaft, aber auch im Hessischen Landtag, viel über Fachkräftemangel gesprochen. Im öffentlichen Dienst fehlt es überall an Personal: In den Krankenhäusern fehlen Pflegekräfte; Kindertagesstätten müssen die Öffnungszeiten verkürzen, wenn Erzieherinnen und Erzieher krank werden; in Städten, z. B. in Marburg, müssen Busfahrpläne ausgedünnt werden, wenn Busfahrerinnen und Busfahrer krank werden; und im Rhein-Main-Gebiet findet man überhaupt keine Busfahrerinnen und Busfahrer mehr. Jetzt rächt sich das, was wir als LINKE immer kritisiert haben: die viel gepriesene Vorstellung vom schlanken Staat. Privatisierung, Deregulierung, Lohnsenkungen und Personalabbau haben im öffentlichen Dienst ihre Spuren hinterlassen. Der deutsche Staat ist im Übrigen nicht schlank, er ist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern schlichtweg unterbesetzt. Diese Idee des „schlanken Staates“ gehört deswegen in die Geschichte verwiesen.

(Beifall DIE LINKE)

Die Gesellschaft braucht die Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Sie streiken für uns alle, auch wenn mancher Streik im alltäglichen Leben für die Bevölkerung Einschränkungen bringt. Sie streiken für uns: für Kinder, für die Eltern, für Fahrgäste in Bussen und Bahnen und auch für die Patientinnen und Patienten in den Gesundheitseinrichtungen.

Meine Damen und Herren, das Streikrecht ist ein Grundrecht. Deswegen weisen wir jegliche Forderung nach einer Einschränkung entschieden zurück. Das wäre ein Abbau von Demokratie.

(Beifall DIE LINKE)

Vonseiten der kommunalen Arbeitgeber ist nun zu hören: Wenn sie die Beschäftigten besser bezahlen müssten, würden sie die öffentliche Daseinsvorsorge nicht mehr finanzieren können. Deswegen will ich zum Schluss sagen: Nein, ich finde diese Darstellung falsch. Ich finde es falsch, die Dinge gegeneinander auszuspielen. Für dieses Problem gibt es eine Lösung. Das Land Hessen sollte die Kommunen finanziell besser ausstatten. Wenn wir die Superreichen und Spitzenverdiener gerechter besteuern würden, dann wäre auch genug Geld da, um die Beschäftigten vernünftig zu bezahlen.

(Beifall DIE LINKE)