Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Janine Wissler- Grüne Wirtschaftspolitik in Hessen hat eklatante soziale und ökologische Fehlstellen

Janine Wissler
Janine WisslerUmwelt- und KlimaschutzVerkehrWirtschaft und Arbeit

In seiner 53. Plenarsitzung am 29. September 2020 gab Hessen Wirtschafts-- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir eine Regierungserklärung zur wirtschaftlichen Situation in hessen in der Corona-Pandemie ab. Unsere Fraktionsvorsitzende Janine Wissler antwortete darauf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

„Die Wirtschaft widerstandsfähiger, innovativer und nachhaltiger machen – Hessens Weg aus der Corona-Krise“, so lautet der Titel der heutigen Regierungserklärung.

Die Worte „Arbeitsplätze schützen“ kommen im Titel leider nicht vor. Dabei müsste es doch die erste Priorität in dieser Krise sein, die Arbeitsplätze der Menschen zu schützen, die durch ihre alltägliche Arbeit die Gesellschaft am Laufen halten und die den Wohlstand in diesem Land erarbeiten – der auch schon vor Corona äußerst ungerecht verteilt war.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Minister, Sie danken den Beschäftigten im öffentlichen Nahverkehr und im Gesundheitssystem für ihren Einsatz. Warme Worte haben die Betroffenen viele gehört, aber das bezahlt bekanntlich keine Miete.

Gerade findet die Tarifrunde im öffentlichen Nahverkehr und im öffentlichen Dienst statt; die Beschäftigten kämpfen für mehr Lohn und für bessere Arbeitsbedingungen. Heute streiken die Bus- und Straßenbahnfahrer, an vielen Orten unterstützt von „Fridays for future“. Auch Beschäftigte in den Kitas, im Gesundheitswesen und in der Pflege streiken; denn sie fordern, dass der Applaus zu Beginn der Krise nun auch in spürbare Verbesserungen umgesetzt wird. Aber leider haben die öffentlichen Arbeitgeber bis heute nicht einmal ein Angebot für diese Tarifrunde vorgelegt.

Unsere Solidarität gilt den Streikenden. Ihr seid systemrelevant und unverzichtbar. Dankbarkeit für eure Arbeit heißt: breite Unterstützung und Solidarität für euren Streik.

(Beifall DIE LINKE)

Denn nicht der Streik ist unzumutbar, sondern der Normalzustand in vielen Krankenhäusern, in vielen Kitas und im ÖPNV. Wenn Pflegekräfte dauerhaft überlastet sind, wenn Erzieherinnen viel zu große Gruppen betreuen, wenn Busfahrer ihre Pausenzeiten nicht einhalten können und nach der Schicht zum Zweitjob gehen, weil sie sonst nicht über die Runden kommen, dann ist das nicht hinnehmbar. Bei öffentlichen Arbeitgebern ist das erst recht nicht hinnehmbar, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE)

Die Beschäftigten kämpfen mit ihrem Streik nicht nur für sich, sondern auch für ihre Patienten, für ihre Kita-Kinder, für ihre Fahrgäste und für alle anderen, die auf einen gut ausgestatteten öffentlichen Dienst angewiesen sind.

Nun ist es für die Arbeitgeber immer der falsche Zeitpunkt, um zu streiken. Aber Streik ist ein Grundrecht, und das gilt auch während der Corona-Pandemie, zumal keiner absehen kann, wie lange sie noch dauert. In diesem Sinne wünschen wir den Beschäftigten viel Erfolg bei der Durchsetzung ihrer berechtigten Forderungen.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Herr Minister, in Hessen bangen gerade Tausende Menschen um ihre Arbeitsplätze. Continental will gleich mehrere Werke in Hessen schließen, etwa in Babenhausen, in Karben oder in Schwalbach. Der ABB-Standort in HanauGroßauheim ist in Gefahr. Norma in Maintal will Arbeitsplätze abbauen. Wir sind also mittendrin in den Verteilungskämpfen um Krisenlasten, und einige Konzerne – das muss man so deutlich sagen – missbrauchen diese Krise, um lang geplante Sauereien und Verschlechterungen zuungunsten der Beschäftigten durchzusetzen, meine Damen und Herren.

Das zeigt der Fall Continental doch ganz deutlich. Der Konzern will Tausende Arbeitsplätze in Hessen, in Deutschland streichen und sie zum Teil ins Ausland verlagern, und gleichzeitig wird den Aktionären eine Dividende ausgeschüttet.

Bei der Kundgebung bei Conti in Karben habe ich mit einem Kollegen gesprochen, der seit 45 Jahren in diesem Werk arbeitet, der mit 14 dort seine Ausbildung begonnen hat und der in fünf Jahren sein 50-jähriges Firmenjubiläum feiern und dann in Rente gehen würde – aber der Standort soll 2023 geschlossen werden. Es geht hier um Familien, und es geht um Existenzen. Es geht um Menschen und nicht einfach um Kostenfaktoren in Bilanzen eines Unternehmens.

(Zuruf Dr. Stefan Naas (Freie Demokraten))

Die Landesregierung muss sich für diese Beschäftigten einsetzen, und deshalb haben wir heute auch einen Antrag eingereicht. Wir fordern die Landesregierung auf, dass sie Druck auf Conti macht und klarstellt, dass ein so unsoziales Verhalten nicht akzeptabel ist, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Stattdessen erklären Ministerpräsident Bouffier und Wirtschaftsminister Al-Wazir windelweich: „Wir werden erneut auf Continental zugehen, um die Bedeutung des Unternehmens für Hessen noch einmal deutlich zu machen.“

(Zuruf Tobias Eckert (SPD) – Gegenruf René Rock (Freie Demokraten): Kondolenzschreiben!)

Das wird den Conti-Vorstand sicher schwer beeindrucken. Herr Minister, so kleinlaut und so verhalten kennt man Sie sonst eher nicht. Hier im Landtag treten Sie meist ein bisschen anders auf.

Nein, das ist nicht die Kampfansage, die sich die Beschäftigten erhoffen. Statt sich vor einem Konzern kleinzumachen und dessen große Bedeutung für das Land zu betonen, sollte man den Vorstand einmal daran erinnern, dass „Eigentum verpflichtet“ und dass man diese Krise nicht einfach auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abwälzen kann, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Es geht um den Erhalt der Arbeitsplätze, es geht um den Erhalt der Standorte, und es geht um einen sozial-ökologischen Umbau der Automobilindustrie. Statt an veralteten Technologien festzuhalten, müssen zukunftsfähige Konzepte umgesetzt und der Strukturwandel politisch gestaltet werden. Da darf sich die Politik nicht wegducken; denn auch dieses Problem wird der Markt nicht lösen, meine Damen und Herren.

Auch am Flughafen bangen Beschäftigte um ihre Arbeitsplätze. Als es um den Flughafenausbau ging, wurden hier im Landtag immer die Arbeitsplätze als wichtiges Argument angeführt.

Jetzt sind Tausende Jobs bei der Lufthansa gefährdet. Die Bundesregierung hat die Lufthansa mit Steuermilliarden gerettet, aber auf jede Einflussmöglichkeit und Arbeitsplatzgarantie verzichtet. Die Leidtragenden sind die Beschäftigten. Die Lufthansa-Tochter LSG wird verkauft, für die Beschäftigten bedeutet das Lohneinbußen von bis zu 30 %. Auch die Fraport – wir erinnern uns: mehrheitlich im öffentlichen Besitz – will Arbeitsplätze abbauen. Auch dazu schweigt die Landesregierung. Auch dazu haben Sie nichts gesagt, Herr Minister.

Sie sagen, Hessen komme bisher gut durch die Krise. Das stimmt, wenn man sich die Infektions- und Todeszahlen anschaut. Aber für viele Menschen im Land verschärft sich die soziale Situation. Viele Minijobber und Leiharbeiter, viele Studierende haben ihre Jobs verloren. Die CoronaKrise verschärft auch die Lage auf dem Ausbildungsmarkt. Es gibt bundesweit 8 % weniger Ausbildungsstellen als im Vorjahr. In Hessen liegt die Zahl mit 10 % noch etwas höher. Im August waren in Hessen immer noch 375.000 Menschen in Kurzarbeit, also fast jeder sechste Arbeitnehmer. Das bedeutet enorme Einkommensverluste, gerade für die, die vorher schon wenig verdient haben.

Die Zahl der von Armut bedrohten Menschen in Hessen wuchs in den letzten zehn Jahren gegen den Bundestrend deutlich von 12 auf 16 %, also um ein Drittel, so viel wie in keinem anderen Bundesland. Das reiche Hessen liegt damit über dem Bundesdurchschnitt.

Die in dieser Krise drohende, weiter zunehmende soziale Spaltung haben Sie überhaupt nicht angesprochen. Aber viele Menschen machen sich Sorgen um ihre ökonomische Zukunft in Corona-Zeiten.

Ja, es gibt Branchen, die nur einige schwierige Monate überstehen mussten. Denen war mit Maßnahmen wie Kurzarbeit, Soforthilfe oder Überbrückungskrediten geholfen. Aber es gibt eben auch einige Branchen, die immer noch einem ganz drastischen Nachfrageeinbruch unterliegen, etwa Reisebüros, Busunternehmen oder Catering-Firmen und der gesamte Kultur- und Veranstaltungsbereich. Und in diesen Branchen sind es doch ganz besonders die Soloselbstständigen, die oft durch das Raster fallen. Die haben nicht einmal von den Soforthilfen profitieren können, die haben meistens auch nicht allzu große Rücklagen.

Wenn wir uns selbstständige Veranstaltungstechnikerinnen, Schauspieler, Messebauer, Dolmetscher, Logopädinnen vorstellen: Diese Menschen fallen sofort in die Grundsicherung. Es kann doch keine Perspektive sein, den Leuten zu sagen: Dann beantragt halt Hartz IV, wir können euch nicht helfen.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Gemeinnützige Strukturen wie das Jugendherbergswerk stehen mit dem Rücken zur Wand und müssen Häuser schließen. Aber diese Strukturen müssen wir doch für die zukünftigen Generationen erhalten, gerade für die Kinder und Jugendlichen, deren Familien sich keine Urlaube leisten können und die auf die Jugendherbergen angewiesen sind.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Auch die Kultur ist systemrelevant. Die Frage ist doch: Haben wir nach der Krise noch eine vielfältige Kulturlandschaft? Die müssen wir doch erhalten.

Herr Minister, jetzt haben Sie die Baubranche als eine Säule unserer Wirtschaft bezeichnet. Das finde ich insofern spannend, weil diese Branche wie kaum eine andere für den Spalt in der Gesellschaft steht. Einerseits werden riesige Werte geschaffen mit Immobilienspekulation, dem Bauen von Hotels, Eigentumswohnungen und Büros im überhitzten Immobilienmarkt. Geschaffen werden diese Werte aber immer öfter von Wanderarbeitern, prekären Niedriglöhnern, und alles im Auftrag von Subsubsubunternehmern.

In der hessischen Bauwirtschaft gibt es im Bundesvergleich niedrigere Löhne. Das Hessische Vergabe- und Tariftreuegesetz lässt Lohndumping auf öffentlichen Baustellen weitgehend zu. Wir sagen, auch vor diesen Praktiken müssen die Beschäftigten in der Bauwirtschaft geschützt werden. Wenn sie denn eine Säule sind, dann nehmen wir das doch ernst, und schützen wir die Beschäftigten auf dem Bau vor Lohndumping.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, gestern war ein historischer Tag. Das Atommüll-Endlager in Gorleben ist nach 40 Jahren vom Tisch. 40 Jahre Protest und Widerstand haben sich am Ende durchgesetzt. Und das, obwohl bereits viel Beton im und über dem Salzstock verbaut wurde, obwohl Gerichtsurteile gesprochen und viele Fakten geschaffen wurden. Das zeigt: Politische Entscheidungen sind nicht unumkehrbar.

Das gilt auch für einen anderen, ebenfalls 40 Jahre alten Planungsdinosaurier, nämlich die A 49 in Nordhessen – ein überkommenes Autobahnprojekt, das mehr Verkehr in Nordhessen erzeugen wird, das ökologisch schädlich und verkehrspolitisch vollkommen kontraproduktiv ist.

(Beifall DIE LINKE)

Es ist schön, wenn die Landesregierung aus dem CoronaSondervermögen Wald aufforsten will. Aber gleichzeitig sollen 85 ha Wald für die A 49 gerodet werden, darunter Teile des Dannenröder Walds, ein gesunder Wald mit bis zu 250 Jahre alten Bäumen.

Aber noch ist der Wald nicht gerodet, und deshalb ist der Kampf auch noch nicht verloren. Wir unterstützen die Bürgerinitiativen gegen die A 49. Wir schicken Grüße in den Danni an die Aktiven der Waldbesetzung.

(Beifall DIE LINKE)

Übrigens hatte im Hambacher Forst im rheinischen Braunkohlerevier RWE auch bereits das Recht zur Abholzung. Doch breiter gesellschaftlicher Widerstand hat die Rodung verhindert. Ich finde, das macht Mut: dass man Dinge verändern kann. Dafür braucht man aber gesellschaftlichen Druck. Deswegen unterstützen wir die Proteste im Dannenröder Wald auch am kommenden Sonntag.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Minister, Sie reden von Innovation und Nachhaltigkeit. Aber dann lassen Sie zu, dass eine Autobahn gebaut und dafür ein Wald für gerodet wird, und das als grüner Minister.

Was wir brauchen, ist doch ein sozial-ökologischer Umbau der Gesellschaft. Sozial und ökologisch, das geht nur zusammen.

Herr Minister, nur, weil Sie sagen – ich will Ihr Zwiegespräch nicht stören –,

(Zuruf Minister Tarek Al-Wazir)

dass Sie bei der Energiewende in den letzten Jahren so gut vorangekommen sind, möchte ich darauf hinweisen, dass im letzten Jahr in Hessen ganze vier neue Windräder entstanden sind. In Worten: vier. Das hätte die FDP nicht besser gemacht.

(Beifall DIE LINKE, Freie Demokraten und vereinzelt AfD – Jan Schalauske (DIE LINKE): Die vier hätten die auch noch verhindert!)

– Ja, die FDP hätte diese vier vielleicht auch noch verhindert. – Hessen hat beim Länderranking zu erneuerbaren Energien wieder schlecht abgeschnitten.

(Jan Schalauske (DIE LINKE): Ich glaube, der Minister hält das Ding falsch rum!)

Ich verstehe die Kritik der FDP an diesem Minister überhaupt nicht.

(Heiterkeit Freie Demokraten)

Unter grüner Regierungsbeteiligung wird der Flughafen ausgebaut, die Verkehrswende stockt, der Verkehrssektor ist klimapolitisch weiterhin Hessens größtes Problemfeld. Auch da ist keine Trendwende in Sicht. Ich weiß gar nicht, warum ihr euch aufregt. So viel besser könnte es aus Sicht der FDP auch die FDP in diesem Ministerium nicht machen.

(Beifall DIE LINKE – Heiterkeit Freie Demokraten)

Wir brauchen eine entschiedene Klimapolitik, aber dazu muss man bereit sein, sich mit Konzerninteressen anzulegen, sei es die Automobilindustrie, seien es die Energiekonzerne. Da muss man deutlich machen, dass nicht der Profit an erster Stelle steht, sondern dass wir Umwelt und Klima schützen wollen, und das geht nur, wenn man Kapitalinteressen in die Schranken weist und deutlich macht, was Priorität hat.

(Beifall DIE LINKE)

Leider müssen wir feststellen: Herr Minister, wenn Sie heute oft mehr über Ladesäulen als über Arbeitsplätze reden, mehr über Wärmedämmung als über die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, kaum Worte verlieren über die Massenentlassungen in der Industrie und die verheerende Lage der Kultur- und Veranstaltungsbranche, aber sich dann in der Regierungserklärung freuen, dass es Fahrradgeschäften in der Krise gut geht und Schuhgeschäfte ein Onlinegeschäft aufbauen, dann ist das eher die Karikatur eines grünen Wirtschaftsministers.

(Beifall DIE LINKE, vereinzelt SPD und Freie Demokraten)

Herr Minister, Sie sind auch für den Wohnungsbau zuständig. Für viele Mieterinnen und Mieter hat sich die Situation während der Corona-Krise weiter verschärft. Dabei war die Lage vorher schon verheerend. Viele Mieter wissen kaum noch, wie sie ihre Miete bezahlen oder gar eine neue Wohnung finden sollen. In sechs Jahren Schwarz-Grün sind 31.000 Sozialwohnungen in Hessen verloren gegangen. Die Landesregierung setzt auf den Markt und versagt in der Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung mit Wohnraum.

Ich habe gerade in der „Frankfurter Rundschau“ Ihr Interview gelesen, in dem Sie sagen: „Es muss für einen Investor attraktiv sein, eine Sozialwohnung zu bauen“. Ich finde, deutlicher kann man kaum formulieren, dass der Markt eben nicht für bezahlbaren Wohnraum sorgt, weil für Investoren andere Dinge sehr viel lukrativer sind, als Sozialwohnungen zu bauen. Da stellt sich schon die Frage: Warum soll es Aufgabe des Staates sein, das Bauen von Sozialwohnungen für Investoren attraktiv zu machen? Warum bauen wir die nicht selbst, und zwar in viel größerem Maßstab, als das heute der Fall ist? Denn heute gehen jedes Jahr mehr Sozialwohnungen verloren, als neue entstehen.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, Mieterinnen und Mieter brauchen Schutz vor Verdrängung und vor immer weiter steigenden Mieten, und das gerade in der Corona-Krise. Jetzt kommen nämlich die Folgen von Kurzarbeit, Einnahmeausfällen oder Arbeitsplatzverlust noch obendrauf.

Dazu haben wir wenig von der Landesregierung gehört – heute gar nichts, sonst wenig. Noch immer bleiben wichtige Städte wie Gießen und Hanau bei der Mietpreisbremse außen vor. Andere wie Kassel fallen neuerdings wieder aus der Regel heraus. Weiterhin gibt es kein Gesetz gegen spekulativen Leerstand und Wohnraumzweckentfremdung. Weiterhin verweigert sich die Landesregierung einer Debatte um einen echten Mietendeckel, und – ich habe es schon erwähnt – es fallen immer mehr Sozialwohnungen aus der Bindung, als neue entstehen.

Die Wohnungswirtschaft freut sich, die Leidtragenden sind die Mieterinnen und Mieter, auch und ganz besonders in der Corona-Krise. Hier brauchen wir eine andere Politik. Wir brauchen eine Politik zugunsten der Mieterinnen und Mieter.

(Beifall DIE LINKE)

Ich habe von der Karikatur eines grünen Wirtschaftsministers gesprochen. Zum Ende seiner Rede zitiert der grüne Wirtschaftsminister ausgerechnet den Gründer des Weltwirtschaftsforums, des elitären Zirkels von Milliardären, Mächtigen und Unternehmen, die sich jedes Jahr im schweizerischen Davos treffen – begleitet von Protesten der antikapitalistischen Bewegung. Ich weiß nicht, warum Sie ihn zitiert haben, vielleicht, weil er zweimal das Wort „grün“ in den Mund genommen hat.

Mitglieder des WEF sind übrigens Unternehmen wie Blackrock, RWE, BP und die Deutsche Bank, bei der man sich nach jeder neuen Enthüllung fragt, ob das noch eine Bank oder schon eine kriminelle Vereinigung ist. Das muss aber offensichtlich kein Widerspruch sein.

(Zurufe: Oh!)

– Bei so vielen Verfahren, die gegen die Deutsche Bank laufen.

(Zuruf Jürgen Lenders (Freie Demokraten)) – Kein Widerspruch von der FDP, alles klar.

Lieber Tarek Al-Wazir, Sie zitieren den Gründer des Weltwirtschaftsforums. Ich zitiere lieber die Hessische Verfassung. In der heißt es:

Die Wirtschaft des Landes hat die Aufgabe, dem Wohle des ganzen Volkes und der Befriedigung seines Bedarfs zu dienen.

(Beifall DIE LINKE)

Zu diesem Zweck hat das Gesetz die Maßnahmen anzuordnen, die erforderlich sind, um die Erzeugung, Herstellung und Verteilung sinnvoll zu lenken und jedermann einen gerechten Anteil an dem wirtschaftlichen Ergebnis aller Arbeit zu sichern und ihn vor Ausbeutung zu schützen.

Ich finde, das sollte die Wirtschaftspolitik des Landes leiten: Mensch und Natur vor Ausbeutung zu schützen und eine gerechte Verteilung sicherzustellen, sowohl des Reichtums als auch der Kosten dieser Krise. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE – Jan Schalauske (DIE LINKE): Öfter mal in die Hessische Verfassung schauen!)