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Rede

Kommunale Abgaben: "Gut gemeinte Gebührenentlastung wäre durch Steigerung der Zahl und Höhe der Gesamtbeiträge schnell wieder aufgefressen"

Zur ersten Lesung des Gesetzentwurfs von CDU und FDP für ein Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über kommunale Abgaben

Zur ersten Lesung des Gesetzentwurfs von CDU und FDP für ein Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über kommunale Abgaben

 

Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren!

Der heute vorgelegte Gesetzentwurf über kommunale Abgaben wird von uns in vielen Punkten begrüßt. Er weist einige notwendige Verbesserungen, Konkretisierungen und Straffungen gegenüber dem Status quo auf. Die Anregung für diese Initiative kam aber – das gehört zur Fairness hinzu – von der SPD bereits im September letzten Jahres.

Da ich denke, dass auch wir einen Anteil daran haben, möchte ich die in § 11 Abs. 12 neu geschaffene Möglichkeit von Stundung und Ratenzahlung bei den einmaligen Beiträgen aus, wie es im Gesetzentwurf heißt, sozialen Gesichtspunkten nennen. Dies ist bei hohen Beiträgen tatsächlich ein echter Vorteil für die betroffenen Hauseigentümer, und wir freuen uns, dass die Regierungsfraktionen unserem Vorschlag, den wir bereits bei der Vorstellung des Gesetzentwurfs der SPD im vergangenen Jahr gebracht haben, nunmehr gefolgt sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Allerdings regen wir an, die Ratenzahlung generell auf Wunsch der Hauseigentümer, also ohne jegliche Prüfung, zuzulassen und das im Gesetzentwurf noch zu verändern. Kritisch sehen wir weiterhin, dass durch jährlich wiederkehrende Beiträge nun versucht werden könnte, die bisherige Zurückhaltung bei der Erhebung dieser Beiträge aufzugeben und damit auch diese Gebühren insgesamt zu erhöhen. Dies führt dann zu weiteren finanziellen Belastungen der Bürgerinnen und Bürger – die Schuldenbremse lässt grüßen.

Die gut gemeinte Gebührenentlastung durch kleinere Beiträge wäre dann durch eine Steigerung der Zahl und Höhe der Gesamtbeiträge schnell wieder aufgefressen. Wir können daher nur hoffen, dass die Städte und Gemeinden nicht der Versuchung unterliegen, durch wiederkehrende Straßenbeiträge die Beschneidung im Kommunalen Finanzausgleich wieder wettzumachen. Damit komme ich zum Hauptproblem des Gesetzentwurfs. Meine Damen und Herren von CDU und FDP, es geht gar nicht, dass Sie sich nun als Retter der Kommunen aufspielen, sozusagen als gute Fee, die die Wünsche der Kommunen erfüllt.

Da schreiben Sie in der Begründung Ihres Gesetzentwurfs: "Diese Gemeinden haben vielfach den Wunsch ge-
äußert, wiederkehrende Beiträge einführen zu dürfen." – Diese Aussage ist natürlich abenteuerlich. Diese Forderung ist kein Wunsch, sondern ein Hilferuf der Kommunen, um die von Ihnen zu verantwortende schlechte Finanzausstattung wenigstens etwas zu verbessern.Der Hilferuf der Kommunen  nach Einführung neuer und Ausweitung bestehender Beiträge rührt nicht daher, dass sie sich wünschen, die Menschen vor Ort mit immer neuen und immer höheren Beiträgen zu belasten. Allein die Tatsache, dass es die ehrenamtlichen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger in der Kommunalpolitik sein werden, die den Menschen vor Ort Rechenschaft für diese Mehrbelastung ablegen müssen, macht deutlich, dass sie nach jeder Einnahmequelle greifen wie der Ertrinkende nach dem Strohhalm.

Der Ruf nach Einführung wiederkehrender Straßenbeiträge erfolgt deshalb, weil es Bundes- wie Landesregierung nicht schaffen, die Kommunen finanziell so auszustatten, dass sie solche Maßnahmen gar nicht erst fordern müssen. Wir befürchten allerdings, dass die Kommunen nun verstärkt durch die Aufsichtsbehörden gezwungen werden, entsprechende Satzungen zu erlassen.

Meine Damen und Herren, Gebühren und Abgaben dürfen nicht dazu missbraucht werden, eine verfehlte Finanzpolitik auszugleichen. Gute Kommunalpolitik zeichnet sich nicht durch ständig neue und höhere Gebühren für die Menschen vor Ort aus.

(Zuruf des Abg. Alexander Bauer (CDU))

Es ist auch keine Erweiterung der kommunalen Selbstverwaltung, Herr Bauer, wenn man den Kommunen nun
die Möglichkeit gibt, zu wählen, ob sie einmalige Beiträge oder wiederkehrende Beiträge erlassen. Gute Kommunalpolitik zeichnet sich alleine dadurch aus, dass sie zu einer verlässlichen Finanzierung der Kommunen führt und die Einflussnahme der Kommunalaufsicht zurückgedrängt wird.

Dazu gehört auch, dass das Land Hessen im Hinblick auf die beschlossene Schuldenbremse seine Einnahmesituation endlich entscheidend verbessert. Lassen Sie es mich zum Schluss sagen: Sie haben morgen die Gelegenheit, unserem Antrag zur Erhöhung des Spitzensteuersatzes zuzustimmen und damit auch den Kommunen bei der Finanzausstattung zu helfen. Wir schauen einmal, wie Sie
sich dazu verhalten werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)