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Rede

Kommunalfinanzen: "Kommunen müssen Schwimmbäder aus eigener Kraft unterhalten können"

Hermann Schaus

Zur Aktuellen Stunde "Kinder müssen schwimmen lernen – auch in Hessen"

 

Zur Aktuellen Stunde "Kinder müssen schwimmen lernen – auch in Hessen":

Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren!

Bereits zum zweiten Mal in dieser Legislaturperiode beschäftigen wir uns mit dem Schwimmbäder-Sterben in Hessen. Im März 2014 schlug die DLRG vor dem Hintergrund von 37 bereits geschlossenen und 48 akut im Bestand gefährdeten Schwimmbäder Alarm. Die DLRG stellte damals schon fest, dass die Schwimmprüfungen innerhalb von 12 Jahren um 76.000 Prüfungen auf nur noch rund 130.000 pro Jahr gesunken seien. Es gilt also: SOS – Seepferdchen in Not.

Die Situation hat sich seitdem in Hessen weiter verschlimmert. Inzwischen sind es bereits 44 geschlossene Bäder. Vielerorts ist der Schwimmunterricht damit gar nicht mehr möglich oder nur noch mit langen und teuren Anfahrtswegen möglich. Das schreckt die Schulen ab.

Das Ergebnis dieser Entwicklung ist besorgniserregend und beschämend zugleich. Zwei Drittel aller Kinder in Hessen sollen, so wird berichtet, nach der Grundschule nicht oder nur unsicher schwimmen können. Wenn nicht endlich ein Umdenken einsetzt, müssen sich die Kommunen in ein paar Jahren die Schuld dafür geben lassen, dass bei ihnen die Kinder ertrinken. So drastisch beschrieb der DLRG-Sprecher Achim Wiese die Situation.

Auf unseren Apell, die Kommunen so zu finanzieren, dass sie den laufenden Betrieb ihrer Schwimmbäder sicherstellen können, wurde uns in unserer Aktuellen Stunde im März 2014 "SOS – Seepferdchen in Not" bereits entgegnet, dass die Schwimmbäder in der Verantwortung der Kommunen liegen würden und das Land doch allerhöchstens Hilfestellungen anbieten könne. Die ist gefragt.

Nun hat sich auch der Präsident des Landessportbundes, der Ihnen allen bekannte Rolf Müller, zu Wort gemeldet und fordert, dass das Land nun endlich seinen Beitrag zum Erhalt der Schwimmbäder leisten müsse. Ich kann ihm nur beipflichten. Recht hat er.

(Beifall bei der LINKEN)

Den Lösungsvorschlag des Landessportbundes, einen Bonus für Schwimmbäder einzuführen, halten wir für nicht ausgereift. So wichtig Schwimmbäder und die Gewährleistung des Schwimmunterrichts auch sind, genauso gut könnte man einen Bonus für Bibliotheken oder Volkshochschulen fordern. Auch diese Einrichtungen sind massiv bedroht oder stehen oft kurz vor der Schließung.

Um eine ausreichende und flächendeckende Versorgung mit Schwimmbädern, in denen das Schwimmen erlernt werden kann, zu ermöglichen, müssen die Kommunen in die Lage versetzt werden, diese aus eigener Kraft finanziell zu unterhalten – aus eigener Kraft.

(Beifall bei der LINKEN)

Die kommunalfeindliche Politik der Landesregierungen der vergangenen Jahre hat aber leider genau das Gegenteil bewirkt. Im Grunde sind diese bisherigen Schließungen politisch von der Landesregierung gewollt, Herr Klee. Denn schon im Konsolidierungshandbuch für Kommunen, das die alte Landesregierung herausgegeben hat, wird unter Punkt 50a die Schließung der kommunalen Bäder ausdrücklich empfohlen. Es wird von der Landesregierung empfohlen.

Auch die Hoffnung, darauf zu setzen, dass Trägervereine das Schwimmbadsterben auffangen könnten, ist fahrlässig. Es mag punktuell Fälle geben, bei denen das funktioniert, wie beispielsweise in Limburg-Offheim. Die große Zahl an geschlossenen Schwimmbädern zeigt aber mehr als deutlich, dass dies eben nicht der Regelfall ist.

Was die Kommunen wirklich brauchen, ist eine nachhaltige, ausreichende und langfristige Finanzierung ihrer Aufgaben. Die bestehenden Schwimmbäder, sowohl die Hallen- wie auch die Freibäder, zu erhalten, ist eine wichtige Aufgabe der Gesundheitsvorsorge, bei der die Kommunen vom Land nicht alleingelassen werden dürfen.

(Beifall bei der LINKEN und der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Hier warten wir auf den notwendigen Druck und die Unterstützung des Kultusministeriums. Deren Nachlässigkeit und mangelndes Interesse an einem flächendeckenden Schwimmunterricht ist Teil des Problems und muss endlich beendet werden.

(Zuruf)

– Herr Klee, doch, das ist Teil des Problems. Das sagen alle.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU: Das sagen nicht alle!)

Es besteht in der Tat das Problem, dass die Schulen – insbesondere die Grundschulen – nicht angehalten werden, ihren Auftrag entsprechend wahrzunehmen. Deshalb sage ich zum Schluss meiner Rede: Alle Kinder in Hessen müssen schwimmen lernen können. Das ist unsere Forderung. Das muss unser Auftrag sein.

(Beifall bei der LINKEN)