Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Ladenöffnung: "Gewerkschaften und Kirchen ist dafür zu danken, dass sie für Rechtsklarheit gesorgt haben"

Hermann Schaus

Zur dritten Lesung des Entwurfs für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes

Zur dritten Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes

Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren!

Heute versucht die FDP zum wiederholten Male, ihre Klientelpolitik bei der Sonntagsöffnung durchzusetzen.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Herr Lenders, schon in der Debatte am 21. April habe ich Sie auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Kassel vom 5. April 2016 zur Untersagung der Ladenöffnungszeiten am Sonntag, dem 10. April, in Frankfurt hingewiesen.

Diese Entscheidung sowie die danach ergangenen weiteren Entscheidungen – das haben Sie auch angesprochen – der Verwaltungsgerichte zur Sonntagsöffnung, z. B. in Weiterstadt, Offenbach, Neu-Isenburg und anderen Städten, ergingen in Anbetracht der klaren Rechtslage, die durch das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung vom 01.12.2009 und das Bundesverwaltungsgericht mit seiner Entscheidung vom 11.11.2015 geschaffen wurde.

Im Übrigen ist das die Schlüsselentscheidung, auf die sich mittlerweile alles bezieht. Danach ist die Voraussetzung für eine Sonntagsöffnung unter anderem, dass ein auch ohne die Sonntagsöffnung stattfindendes Ereignis – in Frankfurt war das die Musikmesse – für alle Bereiche, in denen die Öffnung gestattet wird, prägend ist. Im Falle Frankfurt hatte nämlich insbesondere der VGH festgestellt, dass es nicht rechtens ist, wenn in den großen Einkaufszentren weitab vom Messegelände – z. B. in der Nordweststadt – wegen der Messe verkaufsoffen ist. – Eigentlich ist das auch logisch.

Die Gewerkschaft ver.di und die Kirchen haben in dieser langjährigen Auseinandersetzung endlich dem bestehenden Verfassungsrecht zum Durchbruch verholfen.

(Beifall bei der LINKEN)

In Art. 140 Grundgesetz in Verbindung mit Art. 139 Weimarer Reichsverfassung heißt es nämlich – ich zitiere –: Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

(Minister Tarek Al-Wazir: "Erbauung" oder "Erhebung"?)

– "Erhebung".

(Jürgen Lenders (FDP): Sag doch einfach "Erholung"!)

Ich kann doch nichts für diese altertümliche Formulierung.

Ich finde, wir sollten an dieser Stelle in der Tat den Gewerkschaften und den Kirchen dafür danken, dass sie hier für Rechtsklarheit gesorgt haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, eine ähnliche Regelung findet sich übrigens auch in Art. 31 der Hessischen Verfassung. Lesen Sie es einmal nach.

Sie von der FDP wollen nun, dass die Kriterien für die Zulassung der Sonntagsöffnung auf der Grundlage von §6 Abs. 1 des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes – die jetzt endlich durch zahlreiche Gerichtsentscheidungen definiert und abgegrenzt werden – zugunsten der großen Einzelhandelsketten geändert werden; denn nur die haben ein massives Interesse an Sonntagsöffnungen.

Meine Damen und Herren von der FDP, genau das wollen wir nicht. Mit der jetzigen Rechtsprechung gibt es in allen Städten und Gemeinden erstmals Rechtssicherheit und -klarheit, die jetzt auch ernst genommen werden muss. Da also Rechtsklarheit besteht, besteht überhaupt keine Notwendigkeit, den Anlassbezug, wie Sie von der FDP es wollen, aus dem Gesetz zu streichen. Ein Gesetz, das generell auf einen Anlassbezug zur Sonntagsöffnung verzichtet, wäre nach meiner Meinung eindeutig verfassungswidrig und würde vom Bundesverfassungsgericht mit Sicherheit in absehbarer Zeit wieder einkassiert werden.

Deshalb werden wir gegen Ihren Gesetzentwurf stimmen.

(Beifall bei der LINKEN)