Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

"Mietpreisbremse ist ein zahnloser Tiger"

Zur Aktuellen Stunde der FDP: „Gericht hält Mietpreisbremse für verfassungswidrig - Fest steht: Mieten sinken nur durch mehr bezahlbaren Wohnraum!“

 

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Vor wenigen Tagen hat das Berliner Landgericht in einem Urteil die Vorschrift zur Mietpreisbremse aufgrund der bundesweiten unterschiedlichen Behandlung von Mietern als verfassungswidrig eingestuft.
Bereits bei ihrer Einführung im Bund haben Kommunen, Mieterverbände und auch wir die verkorkste Umsetzung der sogenannten Mietpreisbremse heftig kritisiert. Sie war und ist ein zahnloser Tiger, der ohne Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten völlig ins Leere läuft.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch die vielen Ausnahmen, die in den Regelungen der Mietpreisbremse existieren, sind ein großes Problem. Ein erheblicher Teil der infrage kommenden Wohnungen fällt nämlich nicht unter die Mietpreisbremse. Dass darüber hinaus ganze Stadtteile aus der Mietpreisbremse herausgenommen werden können, verwässert die Mietpreisbremse weiter. Das juristische Hauptproblem aber ist die selektive Auswahl der schutzwürdigen Gebiete durch die Länder.

Deshalb sage ich: Eine Mietpreisbremse muss mit Sanktionsmöglichkeiten für alle Wohnungen in ganz Deutschland eingeführt werden – dann ist sie auch wirksam und verfassungskonform, Herr Lenders.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Mietpreisbremse könnte durchaus ein wirksames Instrument gegen Mietwucher und überzogene Mieten sein. Da unterscheiden wir uns diametral von der FDP, die wir in dieser Frage eher als Sprachrohr des Haus- und Grundbesitzerverbands wahrnehmen müssen.

(Jürgen Lenders (FDP): Wie war das mit dem Populismus? – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Für diese Anpassung ist aber eine umfangreiche Gesetzesnovelle dringend notwendig. Ich will auch klar zum Ausdruck bringen, dass dies natürlich – logischerweise – mit einem Eingriff in das Eigentum – Wohnung und Wohnungsbesitz – einhergehen muss, und zwar aus der Überzeugung heraus, dass preiswerter Wohnraum notwendig ist, dass Wohnraum und Wohnen ein Grundrecht ist, dem ein entsprechender Bedarf gegenübergestellt werden muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Aufgrund der uns jetzt im Bund drohenden Jamaikakoalition – Ihre Rede habe ich genau so verstanden, Herr Lenders – habe ich keine Hoffnung, dass es zu einer Novellierung, wie ich sie gerade beschrieben habe, überhaupt kommen wird. Vielmehr befürchte ich, dass sie mit Jamaika endgültig zu Grabe getragen wird.

(Zuruf: So ist es!)

Die Überschrift Ihrer heutigen Aktuellen Stunde ist natürlich doppeldeutig, und diese Doppeldeutigkeit ist von Ihnen auch gewollt. Sie tun so, als engagierten Sie sich für preiswerten Wohnraum. Da möchte ich Ihnen vorhalten – aus Ihrer Zeit, als die FDP in Hessen noch Verantwortung getragen hat, auch für die Wohnungspolitik –, dass Sie nichts, aber gar nichts getan haben, um das Thema preiswerter Wohnraum voranzutreiben.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie waren es doch, die dafür gesorgt haben, dass die Schaffung von Wohneigentum im Wohnraumfördergesetz 2012 vorrangig, vor der Errichtung von bezahlbarem Wohnraum, gesetzt wurde. Das werden wir nicht vergessen, und daran werden wir Sie auch immer wieder erinnern. Also tun Sie nicht so, als ob Sie für soziale Mieten eintreten würden – das war nicht der Fall, ist nicht der Fall und wird auch nie der Fall sein, davon bin ich überzeugt.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Übrigen waren Sie es auch, gemeinsam mit der CDU, die seinerzeit die Nassauische Heimstätte privatisieren wollten. Auch das werden wir Ihnen nicht vergessen und an dieser Stelle auch nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Herren von der FDP, Ihr plötzlicher Einsatz für bezahlbaren Wohnraum ist deshalb völlig unglaubwürdig. Natürlich ist die Schaffung neuen bezahlbaren Wohnraums wichtig, aber es gehören doch auch flankierende Maßnahmen dazu. Dass wir in Hessen bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum deutlichen Nachholbedarf haben, zeigen die Zahlen jedes Jahr aufs Neue und immer dramatischer. Da passt es ins Bild einer vollkommen verfehlten Wohnungspolitik, als gestern bekannt wurde, dass das Land endlich – nach 15 Jahren Leerstand – einen Investor für das Gelände des alten Frankfurter Polizeipräsidiums sucht. Da könnten schon seit Jahren preisgünstige Wohnungen stehen, wenn der Amtsschimmel nicht so gewiehert hätte.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsident Frank Lortz: Herr Kollege Schaus, Sie kommen bitte zum Schluss.

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Weder die Landesregierung noch die FDP hat erkannt, dass preiswerter Wohnraum eine zutiefst soziale Frage ist und alle Möglichkeiten genutzt werden müssen, um der Mietpreisexplosion entgegenzuwirken.

(Beifall bei der LINKEN)