Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Neuregelung des Glücksspielwesens: "Wer Vereine und Verbände stärken will, muss dies auch finanziell tun"

Zur ersten Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Neuregelung des Glücksspielwesens in Hessen

Zur ersten Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Neuregelung des Glücksspielwesens in Hessen


Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren!

Die Landesregierung legt uns heute, wie es abzusehen war, einen Gesetzentwurf zur Neuregelung des Glückspielwesens in Hessen vor, der natürlich mit dem Glücksspielstaatsvertrag, aber auch – das haben die Vorredner bereits gesagt – mit der Diskussion über das Spielhallengesetz korrespondiert. Insofern ist es wichtig, diesen Zusammenhang zu sehen, zu diskutieren und im Ausschuss zu beraten.

Die Neuregelung wird durch die negative Entwicklung wegen einer ständig steigenden Zahl wenig kontrollierter privater Wettbetreiber, die durch die europäische Rechtsprechung begünstigt werden, erforderlich. Dies war schon Gegenstand einer Aktuellen Stunde im vergangenen September hier im Landtag. Leider hat es die Landesregierung wieder einmal nicht fertiggebracht, einen Entwurf vorzulegen, der aus unserer Sicht der Vereins- und Verbandsarbeit entscheidende finanzielle Verbesserungen bringt. Die unklare Situation soll offensichtlich weiter bestehen. Das finden wir schade.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie finanzieren Sie es denn?)

– Ich komme postwendend mit unseren Vorschlägen. – Kollege Frömmrich, deswegen haben wir einen Änderungsantrag eingebracht, der die aus unserer Sicht willkürliche Deckelung der an die Destinatäre zu leistenden Lotto-Mittel beenden und mögliche Kürzungen bei der Förderung von kulturellen, sozialen und sportlichen Zwecken verhindern soll.

(Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

3,75% für den Landessportbund sollen auch echte 3,75% bleiben. Das haben wir hier in die Diskussion eingebracht.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist Ihnen nicht neu, denn bereits im Jahr 2009 haben wir dazu einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht. Gleichzeitig sprechen wir uns aber auch für eine längerfristige Planungssicherheit für die begünstigten Verbände und Vereine durch die Schaffung einer Mindestgrenze, also eines Bodens, bei der künftigen Ausschüttung aus.

Die Vorredner haben schon darauf hingewiesen: Wir stehen hier in der Diskussion mit den Verbänden. Es ist unser Interesse, hier zu einer gemeinsamen Regelung zu gelangen und die jetzige Gesetzesnovellierung dafür zu nutzen.

Unsere Vorstellung ist es, eine garantierte Summe festzuschreiben – z. B. die, die im vergangenen Jahr an die Verbände ausgeschüttet wurde – und das langfristig im Gesetz zu verankern. Deshalb würden wir es sehr begrüßen, wenn in den Beratungen im Ausschuss zumindest über diesen Punkt Einvernehmen hergestellt werden könnte, denn das scheint uns dringlich zu sein. Vor dem Hintergrund der ständig wachsenden Aufgaben und Kosten aufseiten der Vereine und Verbände wäre dies ein richtiges und wichtiges Signal.

Leider aber ignoriert der Gesetzentwurf die zunehmende Spaltung der Gesellschaft, die wir empfinden: den Anstieg der Armut unter Kindern und Jugendlichen, aber auch längere, flexibilisierte Arbeitszeiten, die die Arbeit in den Vereinen und Verbänden deutlich belasten und zukünftig noch weiter erschweren werden. Insofern muss man natürlich schauen, wie man hier beispielsweise finanzielle Ausgleiche für die Personalausstattung schaffen kann. Aber die Landesregierung sendet mit diesem Gesetzentwurf wieder falsche Signale.

(Zuruf des Ministers Boris Rhein)

Denn sie will zudem auch noch bei der Förderung der kulturellen, sozialen und sportlichen Zwecke Kürzungen zumindest ermöglichen. Herr Minister, leider ändern Sie §7 Abs. 1 so ab, dass nun mindestens die Hälfte der eingezahlten Spieleinsätze an die Spielteilnehmerinnen und -teilnehmer auszuschütten ist. Dies hat aber direkte Konsequenzen: dass nämlich die in §8 Abs. 3 genannten Destinatäre weniger Überschüsse erhalten können und ihre Einnahmen sinken würden. Auch dass Sie an der Sollvorschrift von §8 Abs. 3 festhalten, sehen wir vor dem Hintergrund der beschlossenen sogenannten Schuldenbremse als hoch problematisch an.

Deshalb wollen wir eine klare Festlegung treffen – ja, klar: Ein Teil fließt dann auch zweckgebunden in den Landeshaushalt zurück, und insofern hat das natürlich sehr wohl etwas mit der Schuldenbremse zu tun,

(Günter Rudolph (SPD): Kein Thema!)

wenn man versucht, nicht die Einnahmenseite zu erhöhen, sondern sich möglicherweise anderer Töpfe zu bedienen. Daher fordern wir Sie auf, aus §8 Abs. 3 eine Mussvorschrift zu machen und sie in diesem Sinne zu verändern.

Lassen Sie mich zum Schluss Folgendes sagen: Ein lebendiges und plurales Vereinswesen ist ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft. Die Vereine und Verbände sind es, die durch ihre fast ausschließlich ehrenamtliche Arbeit in vielen Bereichen erheblich dazu beitragen, dass wichtige gesellschaftliche Aufgaben wahrgenommen werden können. Dafür gebührt den Aktiven in den Vereinen und Verbänden unser ausdrücklicher Dank.

Dieser Dank reicht aber nicht aus. Wer Vereine und Verbände stärken will, muss dies auch finanziell tun. Mit unserem Änderungsantrag sowie der Einziehung eines Bodens für die Destinatäre wäre dazu ein wichtiger Schritt getan. Hier werben wir für eine gemeinsame Entscheidung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)