Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Ulrich Wilken zum Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer und Änderung befristeter Rechtsvorschriften

Ulrich Wilken
Ulrich WilkenJustiz- und Rechtspolitik

In seiner 44. Plenarsitzung am 23. Juni 2020 diskutierte der Hessische Landtag zum zweiten Mal über eine Reihe befristeter Rechtsvorschriften, deren Verlängerung nun ansteht. Dazu die Rede unseres rechtspolitischen Sprechers Ulrich Wilken.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Im Gegensatz zu dem, was Sie in den letzten fünf bis sechs Minuten hören durften, redet jetzt ausdrücklich kein „Untertan“ mit Ihnen, sondern ein frei gewählter Abgeordneter des hessischen Volkes, das aus Bürgerinnen und Bürgern besteht, die hoffentlich überhaupt nicht mehr den Begriff des „Untertanen“ kennen und deswegen, so hoffe ich, jemanden wie Sie auch in Zukunft nicht wählen werden.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Meine Herren von der AfD – –

(Zuruf AfD: Und Frauen!)

– Die einzige Dame, die bei Ihnen ist, wird von mir in Ihrem Sprachgebrauch mit dem Begriff „Herr“ immer mitgedacht. Das wissen Sie doch.

(Widerspruch AfD)

Meine Herren von der AfD, dass Sie sich selbst als „Untertanen“ bezeichnen, kann ich nun wirklich nicht der Landesregierung zuordnen, obwohl ich diese ungern in Schutz nehme.

(Zuruf Günter Rudolph (SPD))

Meine Damen und Herren, wir haben in Hessen die Regelung vereinbart, Gesetze zu befristen, um regelmäßig zu evaluieren, ob wir die Regelungen so überhaupt noch brauchen bzw. was inhaltlich angepasst werden muss. Dazu soll eine Evaluation stattfinden – so weit, so gut.

Evaluation dient

– nach allgemeinem Verständnis –

der rückblickenden Wirkungskontrolle, der vorausschauenden Steuerung und dem Verständnis von Situationen und Prozessen. Anhand der Evaluationsdaten können untersuchte Prozesse angepasst und optimiert werden. Dazu werden Daten methodisch erhoben und systematisch dokumentiert, um die Untersuchung, das Vorgehen und die Ergebnisse nachvollziehbar und überprüfbar zu machen. Standardverfahren zur [internen und externen] Datenerfassung sind Befragung, Beobachtung, Monitoring, Test und Datenanalyse. Die Bewertung erfolgt durch den Vergleich der ermittelten Istwerte mit vorher explizit festgelegten operationalisierten und begründeten Sollwerten anhand festgelegter Indikatoren. Evaluation muss bestimmte „Gütekriterien“ erfüllen: neben den Grundvoraussetzungen Nützlichkeit und Objektivität sind dies Reliabilität, Validität, Ökonomie und Normierung.

Meine Damen und Herren, im Falle des heute zu beratenden Sammelgesetzes hat uns die Landesregierung – wie üblich – dankenswerterweise die Evaluationsunterlagen zur Verfügung gestellt, sodass wir nachschauen können, was eine solche Evaluierung bringt. Ich werde Ihnen das am Beispiel der Verlängerung der Geltungsdauer des Bannmeilengesetzes erläutern, indem ich Ihnen die drei Ergebnisse in voller Länge vortrage. Keine Angst, das geht schneller als die bereits erfolgte Vergewisserung, was eine Evaluation ist.

Erstes Beispiel:

Ich begrüße es ausdrücklich, dass das Gesetzes über die Bannmeile des Hessischen Landtags als eigenständige Rechtsnorm bestehen bleiben soll.

Das einzig Interessante an diesem Beispiel ist der Grammatikfehler.

Zweites Beispiel:

[Es] … bestehen bezüglich der genannten Änderungen keine Bedenken.

Drittes Beispiel:

[Es] … gibt hinsichtlich der vorgesehenen Anpassung des Gesetzes über die Bannmeile des Hessischen Landtags keine Änderungswünsche oder ergänzende Anmerkungen.

Meine Damen und Herren, Sie werden mir zustimmen, dass der Erkenntnisgewinn gering ist, wir also eine Beurteilung, ob wir die Regelung noch so oder eventuell überhaupt brauchen bzw. was inhaltlich angepasst werden muss, so nicht vornehmen können. Deswegen brauchen wir eine ernsthafte Diskussion darüber, wie wir unser hessisches Verfahren der Befristung und regelmäßigen Sammelgesetze zur Verlängerung der Befristung überarbeiten. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE und SPD)