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Rede

Jan Schalauske - Die Rodung des Dannis verhindern, den Weiterbau auf den Prüfstand stellen II

Jan Schalauske
Jan SchalauskeUmwelt- und KlimaschutzVerkehr

In seiner 59. Plenarsitzung am 12. November 2020 diskutierte der Hessische Landtag über den Rodnungseinsatz im Dannenröder Wald. Dazu die zweite Rede unseres Marburger Abgeordneten Jan Schalauske.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

Herr Staatsminister Al-Wazir, ich frage Sie hier noch einmal, nachdem Sie versucht haben, Ihre Sichtweise auf den Autobahnbau in verschiedenen Bundesländern darzulegen: Herr Staatsminister Al-Wazir, wo war die Weisung des Bundes an das Land Hessen, die Autobahn A 49 weiterzubauen?

(Zuruf Minister Tarek Al-Wazir)

Ich frage Sie: Wo war der Widerstand des Landes Hessen gegen die Planungen des Bundes, gegen diesen Autobahnbau?

(Günter Rudolph (SPD): Jawohl!)

Gibt es einen Koalitionsvertrag von CDU und GRÜNEN, in dem ein klares Bekenntnis zum Weiterbau der A 49 steht? Gibt es die Drucks. 19/700, in der sich CDU und GRÜNE zum Weiterbau der A 49 bekennen? Gibt es das alles, oder gibt es das nicht? Wenn es das gibt – was die Sachlage hergibt, glaube ich –, dann bleibt es dabei: Wenn das grüne Politik in Regierungsverantwortung ist, dann sehen viele Menschen in diesem Lande schwarz, weil sie nämlich sehen, dass sie von Ihnen und Ihrem Einsatz für die Verkehrswende nicht allzu viel erwarten können. Das ist bedauerlich insbesondere für die Menschen in den Bürgerinitiativen und die Aktivisten aus der Klimabewegung.

(Beifall DIE LINKE – Zuruf)

– Genau so ist es. – Zweitens. Ziviler Ungehorsam war und ist eine wichtige Triebfeder für die Demokratie. Wo wären wir heute, wenn nicht vor einem Jahr ein paar mutige junge Menschen gesagt hätten: „Uns ist der Schutz des Klimas so wichtig, dass wir dafür unser bisheriges Leben zumindest zeitweise aufgeben, in den Dannenröder Wald gehen, dort Baumhäuser bauen und für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen kämpfen“? Wir wären dann nicht heute hier und würden nicht diese Diskussion führen.

(Zurufe)

Diejenigen, die die Bäume besetzt haben, haben der ganzen Diskussion in Zeiten von Klimawandel, Dürreperioden und Wasserknappheit neuen Auftrieb gegeben, haben die Diskussion wieder in Gang gebracht. Ich finde, dafür haben sie unseren Respekt und unsere Anerkennung verdient.

(Beifall DIE LINKE – Zuruf Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wo wären wir heute, wenn Menschen sich nicht auch mit Mitteln des zivilen Ungehorsams und des zivilen Protests gegen die Atomkraft gewehrt hätten? Dann wären heute noch immer alle Atommeiler am Netz. Dann wäre heute wahrscheinlich Gorleben mit einem nicht geeigneten Salzstock noch immer ein atomares Endlager – gegen jeglichen Sachverstand. Ich bin froh und dankbar, dass es diese Form von zivilem Ungehorsam und Protest gegeben hat. Er hat diese Republik bereichert, und auch dafür sollten wir denjenigen, die sich diesem zivilen Ungehorsam angeschlossen haben, dankbar sein.

(Beifall DIE LINKE)

Ein Drittes, weil hier so viel zum Thema Gewalt gesprochen wurde. Ich glaube, ich habe dazu aus unserer Sicht alles unmissverständlich gesagt. Was ich hier aber nicht gehört habe – das sage ich insbesondere an die Vertreter in diesem Teil des Hauses –: Ich habe keine kritische Bemerkung gehört zu Hass, Gewaltandrohung und Hetze in den sozialen Medien gegen die Demonstranten gegen die A 49. Ich habe nichts dazu gehört, was an Gewalt gegen Menschen in den Bürgerinitiativen und Leute, die gegen die A 49 aktiv sind, ausgeübt wird. Ich habe auch nichts gehört von unnötiger Härte der Polizei, wovon Demonstranten mitunter berichten. Ich finde, auch das gehört dazu, wenn wir über die Lage im Dannenröder Wald sprechen.

(Beifall DIE LINKE)

Deswegen will ich zum Abschluss an Dr. Naas appellieren, der diese Aktuelle Stunde mit sehr viel Verve und vielleicht auch ideengeschichtlich mangelhafter Sachkenntnis vorangebracht hat.

(Zuruf Dr. Stefan Naas (Freie Demokraten))

Sie sind hier – ich habe es so empfunden – sehr brachial aufgetreten. Ich habe mir sagen lassen, Sie sind auch im Dannenröder Wald gewesen. Ich kann Ihnen nur rückmelden: Die Aktivisten, mit denen ich gesprochen habe, fanden, dass Sie eigentlich ein ganz freundlicher Zeitgenosse sind und dass es ein gutes Gespräch war. Aber leider verhalten Sie sich im Hessischen Landtag anscheinend anders. Das spricht für sich. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE – Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Naas, was haben Sie da gemacht? – Gegenruf Dr. Stefan Naas (Freie Demokraten): Ich habe denen zugehört!)