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Rede

Jan Schalauske - Kommunen brauchen in der Corona-Krise Unterstützung

Jan Schalauske
Jan SchalauskeCoronaHaushalt und Finanzen

In seiner 59. Plenarsitzung am 12. November 2020 diskutierte der Hessische Landtag über die Kompensation von Steuerausfällen in den Kommunen durch die Corona-Krise. Dazu die Rede unseres finanzpolitischen Sprechers Jan Schalauske.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Das Land Hessen bzw. die Landesregierung hat sich mit den Kommunalen Spitzenverbänden darüber verständigt, wie das Land die Kommunen finanziell ausstatten will. Das ist nicht mehr und nicht weniger als die Aufgabe der Landesregierung und des Landes Hessen. Man kann jetzt natürlich einfordern – wie der Kollege Mathias Wagner es macht –, dass da Dankesbekundungen und Huldigungen seitens des Landtags kommen sollen.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) schüttelt den Kopf.)

Man kann aber auch einfach einmal festhalten, dass dies die Aufgabe des Landes ist, und man kann die Kommunen dann dazu beglückwünschen, wenn sie ihre Verhandlungsziele erreicht haben.

Herr Wagner, Sie haben gefragt, was man denn alles falsch finden kann. Darüber können wir noch sprechen. Ich glaube, niemand stellt in Abrede, dass es gut ist, dass die Kommunen ihre Ziele erreicht haben und dass in Krisenzeiten die Landesmittel aus dem KFA mit Mitteln aus dem Sondervermögen aufgebessert werden. Allerdings ist doch deutlich geworden – das haben Sie nicht dazugesagt –, dass der KFA in einer solchen Krise alles andere als sattelfest ist; denn sonst bräuchten Sie diese Regelung gar nicht.

Ursprünglich war die Nachbesserung des KFA, die auch auf die Rechtsprechung zurückging, dafür da, den Kommunen eine verfassungsgemäße Mindestausstattung und darüber hinaus Mittel für freiwillige Aufgaben zu garantieren.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Diese Krise zeigt, dass das nicht gelungen ist und dass da etwas an der Systematik im KFA falsch ist.

Jetzt ist es diese Landesregierung – zumindest im CDU-geführten Teil –, die seit 20 Jahren die Kommunen geknechtet hat, sie finanziell nicht genügend ausgestattet hat. Selbst diese Landesregierung sieht sich jetzt in der Krise gefordert, dass sie die Kommunen mit dem im Kern gescheiterten KFA nicht allein im Regen stehen lassen kann, weil sonst wirklich Ungemach drohen würde.

Es ist doch richtig, wenn die Kolleginnen und Kollegen aus der Opposition darauf verweisen, dass das CoronaSondervermögen es der schwarz-grünen Regierung natürlich deutlich leichter macht; denn sie finanziert die Hilfen für die Kommunen genau aus diesem Sondervermögen und auch aus weiteren Bundesmitteln.

Dann ist es auch richtig, wenn man Ihnen sagt: Das ist ja schön, dass Sie sich diese Möglichkeiten gewähren. – Dazu haben wir vielleicht auch noch einmal eine andere Auffassung als die SPD und die FDP. Aber der Hinweis ist doch richtig: Sie nehmen sich die Mittel aus dem Sondervermögen, um die Kommunen besser zu finanzieren. Aber den Kommunen selbst verwehren Sie solche Möglichkeiten mit Ihren Knebelverträgen, mit Ihren Aufforderungen, Ihren Konsolidierungsvorstellungen. – Da ist es doch ein bisschen fehl am Platz, sich hier als großer Retter darzustellen und feiern zu lassen, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE – Zurufe CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann ist es auch schön, sich hierhin zu stellen und zu sagen, dass es für bestimmte Bereiche wieder Geld gibt. Herr Wagner, jetzt hören Sie bitte genau zu. Wir sagen auch nicht, dass das falsch ist. Im Grundsatz finden wir das richtig und auch gut. Warum soll man das auch falsch finden? Zur Wahrheit gehört aber eben auch, dass in den Bereichen, die Sie hier nennen, Landesmittel schon lange überfällig sind und es vor allem jetzt in den Bereichen Mittel gibt, in denen sich die Landesregierung – ja, man muss schon sagen, seit Jahrzehnten – mehr als knauserig gezeigt hat. Das gehört zur Wahrheit dazu, aber das verschweigen Sie gern.

(Beifall DIE LINKE)

Es ist doch schön, wenn es jetzt Investitionen für Kitas, für Schulen, für Digitalisierung und für ÖPNV gibt. Nur sind das alles die Bereiche, die nicht nur wegen der CoronaKrise finanziell in Schwierigkeiten sind, sondern weil die Kommunen seit Jahren und Jahrzehnten hier einen enormen Nachholbedarf haben, weil sie vom Land chronisch unterfinanziert worden sind. Der Mangel, den Sie hier adressieren, wird auch nicht durch die Summen, die Sie jetzt verteilen, beseitigt. Sie müssen schon dazusagen, dass Sie selbst erheblich dazu beigetragen haben, dass der Mangel in den Kommunen überhaupt erst entstanden ist.

Dazu passt es ins Bild, dass Sie wieder Sondertatbestände schaffen, Sondermittel zur Verfügung stellen. Nur, das Problem ist: Das mit den Sondertatbeständen hat mit einer klaren, nachvollziehbaren und angemessenen Finanzierung der Kommunen wenig zu tun.

(Beifall DIE LINKE)

Dann sollten wir uns in den Haushaltsberatungen gemeinsam mit den Kommunen ein paar Fragen im Detail anschauen. Was sich auf den ersten Blick gut anhört, muss dann auch auf die Verteilungswirkung zwischen den Kommunen hin geprüft werden, auch wie sich das mit dem Verzicht auf die Spitzabrechnung in den weiteren Jahren auswirkt und welche Kommunen davon dann im Jahr 2022 besonders profitieren und welche nicht.

Dann muss man natürlich auch noch einmal etwas über die konkreten Schutzmaßnahmen, wie Sie sie bezeichnen, sagen. Sie finanzieren hier den Kommunen Maßnahmen, die reichlich spät erfolgen. Wir haben heute schon darüber gesprochen, dass es seit Jahren bekannt ist, dass es im Schulbereich erhebliche Mängel gibt. Einige mögen das bestreiten; aber die meisten von uns wissen, dass es in Hessen sogar Schulen gab, die aufgrund von räumlichen Mängeln gesperrt werden mussten. Dann ist es doch völlig legitim, dass man da nachfragt, ob das, was Sie jetzt auf den Weg bringen, überhaupt ausreicht, um den Sanierungsstau in den Schulen zu beseitigen, geschweige denn, die Schulen überhaupt winterfest zu machen. Es ist fraglich, ob die Verbesserungen da dann tatsächlich ausreichen.

Insgesamt kann man noch einmal feststellen: Die Übereinkunft von Land und Kommunen sichert die Kommunen gegen kurzfristige immense Finanzierungsprobleme einigermaßen ab. Aber was mit den in den nächsten Jahren auftretenden Defiziten passiert und ob das, was hier vereinbart wird, dann wirklich ausreicht, werden erst die nächsten Monate zeigen.

Aus unserer Sicht geht kein Weg daran vorbei, zu einer dauerhaften, besseren, gerechteren und auskömmlicheren Finanzierung der Kommunen zu kommen. Das geht auch über eine gerechtere Gestaltung unseres Steuersystems. Sie kennen da unsere innovativen Vorschläge,

(Heiterkeit – Marius Weiß (SPD): Der war gut!)

mit denen wir auch die Finanzen der Kommunen besser ausstatten können. Eines jedenfalls ist klar: Spätestens wenn Sie zu einem immer größeren Teil versuchen wollen und werden, die aufgenommenen Kredite zurückzuführen, wird sich erst wirklich zeigen, wer die Kosten der Krise trägt. Wir jedenfalls setzen uns dafür ein, dass es nicht zulasten der breiten Teile der Bevölkerung und auch nicht zulasten der Kommunen geht. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)