Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Janine Wissler - Die Lufthansa zukunftssicher sozial-ökologisch aufstellen

Janine Wissler
Janine WisslerUmwelt- und KlimaschutzVerkehrWirtschaft und Arbeit

In seiner 46. Plenarsitzung am 25. Juni diskutierte der Hessische Landtag anlässlich der Hauptversammlung der Lufthansa über die Luftverkehrswirtschaft in Hessen. Dazu die Rede unserer Vorsitzenden und verkehrspolitischen Sprecherin Janine Wissler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Letzte Woche rief ver.di die Beschäftigten am Frankfurter Flughafen zu einer Kundgebung auf, um für den Erhalt von Arbeitsplätzen und für gute Arbeitsbedingungen zu demonstrieren.

Viele Beschäftigte aus verschiedenen Bereichen protestierten im Terminal gemeinsam für ihre Rechte – Beschäftigte von Fraport, der Lufthansa, der Bodenverkehrsdienste, von Ryanair und der LSG. Denn schon vor der Corona-Krise haben sich die Bedingungen am sogenannten Jobmotor Flughafen verschlechtert. Durch Subunternehmen wurden Tarifverträge unterlaufen. Die Bodenverkehrsdienste wurden liberalisiert, ungeliebte Tochterfirmen wurden verkauft, und mit Ryanair wurde ein Unternehmen, das aggressives Sozialdumping betreibt, mit Rabatten nach Frankfurt gelockt – genehmigt vom hessischen Wirtschaftsministerium.

Jetzt, in der Corona-Krise, bangen Zehntausende Beschäftigte um ihre Jobs. Allein die Lufthansa hat angekündigt, 22.000 Arbeitsplätze abbauen zu wollen. Bei der Condor sind es bis zu 1.000 Arbeitsplätze.

Heute findet die Hauptversammlung der Lufthansa statt. Einziger Tagesordnungspunkt ist die Beschlussfassung über das Rettungspaket der Bundesregierung. Wir halten dieses Rettungspaket für schlecht. Es ist unverantwortlich, dass der Staat deutlich mehr bezahlt – 9 Milliarden € –, als das ganze Unternehmen derzeit wert ist, und dabei auf Mitspracherechte faktisch verzichtet. Stattdessen lässt sich die Bundesregierung vom Lufthansa-Chef erklären, unter welchen Bedingungen man die Lufthansa retten darf, sonst drohe die Insolvenz.

Wir sagen: Eine Arbeitsplatzgarantie wäre das Mindeste gewesen; denn die Arbeitsplätze sind das Rettenswerte bei der Lufthansa, nicht die Gewinne der Aktionäre.

(Beifall DIE LINKE)

Jahrelang wurde uns vorgeworfen, wir würden Arbeitsplätze gefährden, weil wir den immer weiteren Ausbau des Flughafens abgelehnt haben. Die CDU, die das Arbeitsplatzargument immer vor sich hergetragen hat, wenn es um den Flughafenausbau ging, hatte es jetzt als Teil der Bundesregierung in der Hand, die Arbeitsplätze konkret zu sichern. Sie hätte die Rettung aller Arbeitsplätze zur Bedingung für die Rettung der Lufthansa machen können. Das haben Sie aber nicht getan. Sie haben das verhindert. Jetzt, wo viele Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, lassen Sie die Beschäftigten im Stich, die für Sie jahrelang das Argument dafür waren, Ihre politischen Ziele durchzusetzen. Das ist nicht akzeptabel.

(Beifall DIE LINKE)

Bis gestern sah es so aus, dass dieses schlechte Rettungspaket bei der Hauptversammlung durchfallen würde, weil der Staat ganze zwei Sitze im Aufsichtsrat erhält – für all die Milliarden Euro, die man jetzt in die Lufthansa steckt. Damit drohte ein gewisser Heinz Hermann Thiele, Multimilliardär und Unternehmer, der insbesondere durch seinen autoritären Führungsstil und das Umgehen von Tarifverträgen aufgefallen ist. Herr Thiele hat die Corona-Krise genutzt, um sich bei der Lufthansa günstig einzukaufen, und drohte jetzt, die Rettung zu blockieren, weil ihm der Einstieg des Staates nicht passt. Es ist eine Zitterpartie auf dem Rücken der Beschäftigten. Wir sagen ganz klar: Diese Machtspielchen auf Kosten der Beschäftigten sind schäbig und müssen beendet werden.

(Beifall DIE LINKE)

Die Lufthansa, das sind nämlich nicht die Aktionäre und nicht der Vorstand, sondern vor allem die weit über 100.000 Beschäftigten, die Tag für Tag hart arbeiten.

Die FDP-Fraktion fordert heute, die Rettung der Lufthansa marktwirtschaftlich zu organisieren. Wohin uns diese Logik geführt hat, sehen wir doch gerade. Der Markt, das ist Herr Thiele. Private Investoren haben vor allem e i n Interesse, nämlich ein Interesse an ihren Profiten. Der Staat soll die Verluste übernehmen, wie wir es auch in der Bankenkrise schon erlebt haben. Wir hingegen halten den Wiedereinstieg der öffentlichen Hand bei der ehemals staatlichen Lufthansa für richtig. Die Lufthansa war ein staatliches Unternehmen, und sie ist erst 1997 vollständig privatisiert worden. Sie ist, wie übrigens auch die Bahn, ein wichtiger Teil der Verkehrsinfrastruktur.

Ein staatlicher Einstieg kann genutzt werden, um den Konzern nachhaltig umzubauen – hin zu einem sinnvollen Verkehrsangebot, zu Klimaschutz, zu weniger Flügen, zu weniger Lärm und, vor allem, zu sicheren Jobs – und einen Dumpingwettbewerb auf Kosten von Beschäftigten, Klima und Umwelt zu beenden.

(Beifall DIE LINKE)

Milliarden aus Steuermitteln zur Rettung der Fluglinien einzusetzen, ohne Arbeitsplatzgarantien und ohne Einfluss zu verlangen, war ein schwerer politischer Fehler.

Das gilt natürlich auch für Condor. Auch hier hat der Chef kürzlich über Massenentlassungen von bis zu 25 % der Belegschaft gesprochen. Bei Condor sind der Bund und das Land Hessen derzeit de facto die Eigentümer. Deswegen sagen wir: Auch bei Condor darf es keine Massenentlassungen geben.

(Beifall DIE LINKE)

Ich komme zum Schluss. Es wird immer über die Wirtschaftskraft des Frankfurter Flughafens gesprochen. Aber die entsteht eben nicht an den Börsen und auch nicht in den Vorständen, sondern durch die Beschäftigten, die einer harten Arbeit, oft im Schichtbetrieb, nachgehen – am Boden, in der Luft, auf dem Vorfeld. Das sind die Beschäftigten bei den Bodenverkehrsdiensten, die Flugzeuge beladen und reinigen; bei FRA Care, die Passagiere betreuen; bei LSG, die das Catering machen; bei Fraport und den Fluggesellschaften und die Beschäftigten im Einzelhandel am Flughafen. Wir stehen an ihrer Seite im Kampf um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze.

(Beifall DIE LINKE)