Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Janine Wissler zur Änderung des Mobilitätsförderungsgesetz

Janine Wissler zur Änderung des Mobilitätsförderungsgesetz

Janine Wissler
Janine WisslerVerkehr

In seiner 27. Plenarsitzung am 11.12.2019 diskutierte der Hessische Landtag auf unseren Entwurf über die Änderung des Mobilitätsförderungsgesetz. Dazu die Rede unserer Fraktionsvorsitzenden und verkehrspolitischen Sprecherin Janine Wissler:

 

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Wir reden über die Notwendigkeit der Verkehrswende, wir reden über die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur. Ich denke, es sollte bei den allermeisten in diesem Haus Einigkeit darüber bestehen, dass dabei die Straßenbahn ein wichtiges Verkehrsmittel und eine wichtige Möglichkeit ist, die Verkehrswende umzusetzen.

Wir reden über einen Änderungsantrag zum Mobilitätsfördergesetz, bei dem man eigentlich in der Sache kaum streiten kann, wie man meinen sollte. Sogar die FDP hat heute gesagt, sie stehe zur Straßenbahn. Das ist super zu hören. Gerade mit Blick auf die Debatte in Wiesbaden finde ich es wirklich gut, dass die FDP im Landtag klarmacht: Wir stehen zur Straßenbahn. – Hoffentlich geben Sie auch Ihren sinnlosen Widerstand gegen die Straßenbahn in Wiesbaden auf.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Von daher sind wir uns hier offensichtlich weitgehend einig, bis auf die verkehrspolitischen Verwirrungen und Verirrungen der AfD.

Ich will an der Stelle nur einmal ganz persönlich sagen: Ich wohne an einer stark befahrenen Straße, auf der auch eine Straßenbahn fährt. Vom Geräuschpegel her ist die Straßenbahn das geringste Problem an dieser stark befahrenen Straße.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir diskutieren heute ähnlich wie bei der Debatte um die theoretischen urbanen Seilbahnen in Hessen. Wir diskutieren heute über die Förderfähigkeit der Anschaffung von Straßenbahnen in Hessen. Ich will nur daran erinnern, in der damaligen Debatte, auf Antrag der FDP, wurde seitens der Koalitionsfraktionen gesagt, dieser Vorschlag sei vollkommen unnötig, man brauche ihn nicht. Ich fand es gut und sinnvoll, dass man nach der Anhörung am Ende sagen konnte: Wir schreiben es ins Gesetz.

(Beifall Tobias Eckert (SPD))

Deshalb kann man kaum dagegen sein, dass eine Kommune gefördert werden sollte, wenn sie notwendigerweise ihren Fahrzeugpark erneuert. Wenn Elektrobusse oder sogar Elektro-Pkw nach dem bisherigen Wortlaut gefördert werden können, ist nur schwer vermittelbar, wieso Elektrobusse auf Schienen, was Straßenbahnen eigentlich sind, nicht gefördert werden sollen.

Straßenbahnen sind sicher nicht immer, aber sie sind stellenweise das beste Verkehrsmittel. Es muss auch nicht bei drei Städten bleiben, die Straßenbahnen haben. Wir diskutieren über Wiesbaden, und es gibt sehr viele Städte in Deutschland, die den Fehler nicht gemacht haben, ihr Straßenbahnnetz stillzulegen. Vielleicht müssen wir darüber diskutieren, an welchen Stellen neue Straßenbahnen sinnvoll sind.

(Beifall DIE LINKE)

Wer Straßenbahnnetze ausbauen will, der braucht mehr Fahrzeuge; denn dann können elektrisch betriebene Fahrzeuge Dieselbusse ersetzen. Das ist sinnvoll und wünschenswert.

Das Mobilitätsfördergesetz im gleichen Zug um 20 Millionen €, also um 20 % der bisherigen Summe, aufzustocken, wie es der SPD-Gesetzentwurf vorsieht, finde ich den fast noch wichtigeren Teil Ihres Änderungsgesetzentwurfs, Herr Kollege Eckert. Denn das berührt das Grundproblem. Das Mobilitätsfördergesetz ist bereits überzeichnet. Für alles, was es leisten soll, reicht die Summe kaum. Wir reden hier über Fördermittel für Verkehrsinvestitionen in Höhe von bisher 100 Millionen € im Jahr.

In der Folge der Föderalismusreform kommen sie mittlerweile aus den Umsatzsteuereinnahmen vom Bund, die vom Land weiterverteilt werden. Deswegen reden wir jetzt über Landesmittel, die aber 1 : 1 die weggefallenen Bundesmittel ersetzen. Diese 100 Millionen € sind schon knapp genug, muss man sagen, wenn man sich überlegt, dass z. B. die laufende Verlängerung der U 5 ins Europaviertel nach aktuellem Stand etwa 400 Millionen € kosten wird.

(Zuruf Karin Müller (Kassel) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

– Ich wollte eine Dimension deutlich machen. Dass 100 Millionen € im Verkehrsbereich eine nicht allzu hohe Summe sind, da sind wir uns sicher einig.

Von den 100 Millionen € sollen 50 % in Investitionen in den Straßenverkehr fließen – so hat es die schwarz-grüne Mehrheit letztes Jahr beschlossen. Ich bin nach wie vor der Meinung, es wäre ein wirklich mutiger Schritt gewesen, dem ÖPNV-Ausbau einen klaren Vorrang bei der Mittelvergabe einzuräumen und es nicht fifty-fifty zu machen und gleich viel in die Straßen und in den ÖPNV zu stecken.

Notwendig ist eine echte Verkehrswende. In den letzten 20 bis 30 Jahren stagniert die Verkehrsinfrastruktur weitgehend. Deshalb wäre es jetzt besonders wichtig, den Bau und Ausbau kommunaler Bahninfrastruktur zu fördern, die für die Kommunen sonst nicht ohne Weiteres stemmbar wäre.

Es gibt viele dringend notwendige Erweiterungen der Stadtbahn in Frankfurt. Dazu gehört die Ginnheimer Kurve. Bei der Wiesbadener Stadtbahn – ich habe sie angesprochen – sollte es auch nicht bei einer Linie bleiben. In Frankfurt wäre es dringend angebracht, wenigstens damit zu beginnen, die Tramhaltestellen in der Stadt auszubauen, damit endlich Doppeltraktion gefahren werden kann, wie es in den allermeisten Städten mit Straßenbahnen selbstverständlich ist.

Aber auch in anderen Gemeinden muss mehr in die ÖPNVInfrastruktur investiert werden können, gerade auch auf dem Land. Darüber diskutieren wir. Deshalb finde ich den Gesetzentwurf der SPD richtig und sinnvoll. Er sieht zum einen die Förderfähigkeit von Straßenbahnen vor, zum anderen eine relativ moderate Erhöhung der Mittel für das Mobilitätsfördergesetz um 20 Millionen €. Ich finde das, wie schon gesagt, fast noch wichtiger, weil die 100 Millionen € nicht ausreichen. Deswegen finden wir das erst einmal eine sinnvolle Initiative und warten die Anhörung ab, die dazu sicher stattfinden wird.

Aber im Grundsatz begrüßen wir die Initiative der SPD; denn alles, was dazu beiträgt, die Verkehrswende voranzubringen, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen und den ÖPNV auszubauen, ist grundsätzlich eine begrüßenswerte Initiative. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)