Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

NPD-Verbot: "Ich fordere die Landesregierung auf, endlich wirksame Schritte zum NPD-Verbot einzuleiten"

Zum dringlichen Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend "Rechtsextremismus konsequent bekämpfen – NPD-Verbotsverfahren darf vor dem Bundesverfassungsgericht nicht erneut scheitern"

Zum dringlichen Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend "Rechtsextremismus konsequent bekämpfen – NPD-Verbotsverfahren darf vor dem Bundesverfassungsgericht nicht erneut scheitern"

 

Herr Präsident,
meine Damen und Herren!

DIE LINKE kämpft seit Jahren gegen rechte Gewalt und für ein Verbot der faschistischen NPD. Seit wir im Hessischen Landtag sind, fordern wir den Innenminister regelmäßig auf, dieses Verbot endlich anzupacken. Seit Bekanntwerden der nationalsozialistischen Zwickauer Terrorzelle und ihrer Verbindung zur NPD ist es um so unverständlicher, warum sich Herr Rhein als letzter Verantwortlicher weigert, ein NPD-Verbot anzustrengen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Lassen Sie mich vorab sagen: Ein Verbot der NPD ist auch in der LINKEN nicht völlig unumstritten. Auch bei uns fürchten einige, dass der Kampf gegen rechte Gewalt und gegen Rassismus durch eine Verbotsdebatte auf eine formale, rein rechtliche Ebene verschoben werden könnte, so, wie wir das bei meinem Vorredner teilweise erlebt haben.

Deshalb spricht sich DIE LINKE für ein Verbot der NPD und gleichzeitig – das ist entscheidend – für eine gesellschaftliche und politische Auseinandersetzung mit rechter Gewalt und Rassismus aus. Das geht nur zusammen, nicht im Widerspruch zueinander.

(Beifall bei der LINKEN)

Vor allem drei Dinge dürfen nämlich nicht passieren. Erstens. Die NPD darf sich nicht fröhlich neue Strukturen aufbauen, während vor dem Bundesverfassungsgericht ein jahrelanges Verfahren geführt wird; denn dann bliebe ein NPD-Verbot letztlich folgenlos.

Zweitens. Die Debatten dürfen sich nicht nur auf das NPD-Verbot konzentrieren, während wir andere neofaschistische Gruppen und vor allen Dingen die Ursachen des Neofaschismus aus dem Blick verlieren.

Drittens darf es nicht passieren, dass wir den Kampf gegen Rechts an Bundesministerien und Geheimdienste delegieren; denn dabei kam leider noch nie etwas Gutes heraus.

Herr Bellino, Sie sagen, wir bekämen von den V-Leuten wichtige Informationen. Dazu muss ich, gerade in Bezug auf die jüngste Vergangenheit, leider feststellen: Das mag zwar sein – ich kann das nicht nachvollziehen –, aber für die Verhinderung von Mordanschlägen entscheidende Informationen haben Ihre V-Leute zu keiner Zeit geliefert.

(Beifall bei der LINKEN)

Das letzte Verbotsverfahren im Jahr 2002 hat die NPD gestärkt. Das Schattenreich der V-Leute, also massenhaft vom Staat bezahlter Neonazis, ließ keine gerichtlich verwertbaren Unterscheidungen mehr zu. Die NPD brüstet sich leider bis heute damit. So bleibt sie vor Verbotsverfahren geschützt und wird weiter staatlich quersubventioniert.

(Horst Klee (CDU): So ein Quatsch!)

Toppen lässt sich dieser Skandal nur noch durch die schier unfassbare Rolle, die die Geheimdienste und die Behörden im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Zwickauer Terrorzelle gespielt haben. Nein, meine Damen und Herren, der Kampf gegen Rechts kann nicht an Geheimdienste delegiert werden. Er muss eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein. Sonst bliebe ein NPD-Verbot letztlich folgenlos.

(Beifall bei der LINKEN)

Drei Bedingungen müssen also erfüllt sein. Erstens. Die Nazistrukturen müssen durch ein Verbotsverfahren tatsächlich zerschlagen werden. Zweitens. Die Ursachen des Neofaschismus müssen bekämpft werden. Drittens. Der zivilgesellschaftliche Kampf gegen Rechts muss gestärkt werden.

Wir, DIE LINKE, haben im Landtag immer wieder Anträge dazu gestellt. Natürlich betreiben wir LINKE auch
Aufklärung und Gegenwehr. Unverständlich ist mir deshalb, warum diese Anträge von der CDU/FDP-Regierungsmehrheit immer abgewiesen werden und warum die CDU-Bundesministerin Schröder die Mittel gegen Rechts kürzt.

(Horst Klee (CDU): Alles Quatsch!)

Unverständlich ist mir im Übrigen auch, warum von der sächsischen Justiz ausgerechnet vier linke Parlamentarier verfolgt werden, weil sie zusammen mit Zehntausenden friedlich und erfolgreich Europas größten Naziaufmarsch blockiert haben. Völlig unverständlich ist, warum der hessische Innenminister Boris Rhein der letzte Gegner eines NPD-Verbots in ganz Deutschland ist.

(Horst Klee (CDU): Das stimmt doch gar nicht! – Holger Bellino (CDU): Eine Unterstellung ist das! – Horst Klee (CDU): Dummes Zeug!)

Politisch ist es das genaue Gegenteil von dem, was wir brauchen. Sie schwächen die zivilen Vereine gegen Rechts und kriminalisieren den antifaschistischen Widerstand. Sie wehren sich selbst jetzt noch gegen ein NPD-Verbot, obwohl es, Herr Klee, unter den Bundesländern in dieser Frage 15 : 1 steht. Das stimmt. Nur Hessen stellt sich noch quer. So ist es. Ihr niedersächsischer Kollege stellt sich mittlerweile nicht mehr quer, wie ich den Zeitungen entnommen habe.

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Kollege Schaus, Sie müssen langsam zum Schluss kommen.

Hermann Schaus (DIE LINKE):

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Art. 158 der Hessischen Verfassung verpflichtet uns alle zur Überwindung des Faschismus. Ich fordere die Landesregierung deshalb erneut auf, endlich wirksame Schritte zur Einleitung eines NPD-Verbots einzuleiten. Der Faschismus ist nämlich keine Meinung, sondern ein Verbrechen.

(Beifall bei der LINKEN – Holger Bellino (CDU): Als ob wir das nie gemacht hätten)