Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Polizeientsendegesetz: "Auslandseinsätze der Polizei im Parlament beraten und beschließen"

Hermann Schaus

Zum Entwurf der SPD für ein Gesetz über den Einsatz von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten im Ausland

Zum Entwurf der SPD für ein Gesetz über den Einsatz von Polizeibeamtinnen und
Polizeibeamten des Landes Hessen im Ausland:


Frau Präsidentin,
meine Damen und Herren,

die SPD hat auf dem Hintergrund eines Verwaltungsgerichtsentscheid zu den Mitbestimmungsrechten des Hauptpersonalrates der Hessischen Polizei bei der Entsendung von Polizisten nach Afghanistan dankenswerter Weise eine wichtige Debatte angestoßen.

Dazu möchte ich mich in drei Punkten äußern.

Erstens: Im Großen und Ganzen teilen wir die Intention der SPD, dass über Auslandseinsätze der Polizei das Parlament beraten und beschließen sollte. Das hat mehrere Gründe.

Der wichtigste Grund besteht für mich darin, dass wir sowohl gegenüber den Polizistinnen und Polizisten als auch gegenüber der Öffentlichkeit die Gründe darlegen müssen, warum Hessische Polizeibeamtinnen und -beamten längerfristig z.B. in Palästina, dem Kosovo oder Sudan eingesetzt werden sollen.

Solche Einsätze sind ja keine Selbstverständlichkeit. Sie sind politisch konfliktbeladen, für die Betroffenen ein schwieriger Auftrag und auch der Steuerzahler kann zu Recht fragen, warum Polizistinnen und Polizisten statt in Hessen im Ausland unterwegs sind.

Was ist das Ziel des Einsatzes? Wie die Begründung? Wie lange soll das gehen? Wer hat uns aufgerufen? All dies darf nicht in fernen Gremien entschieden, sondern sollte künftig transparent in jedem einzelnen Fall im Parlament beraten und beschlossen werden.

Ich sage dies auch vor dem Hintergrund der Diskussionen über den Einsatz der Bundespolizei in Saudi-Arabien: Es kann nicht so bleiben, dass hier deutsche Polizei klammheimlich zur Ausbildung und den Aufbau des Sicherheitsapparates eines zutiefst undemokratischen und autoritären Regimes abkommandiert wird.

Wenn die Bundesregierung ausgerechnet das saudische Regime unterstützen will, dann soll sie die Gründe hierfür öffentlich darlegen! Wenigstens das!
Also erstens: Eine Transparenz ist herzustellen.

Zweitens: Ich finde es auch wichtig, dass wir im Landtag zum Gesetzentwurf eine Anhörung durchführen, aus der wir sicher selbst ein wenig schlauer hervorgehen. Obwohl ich angesichts der gestrigen Debatte zur Schließung von Gerichtstandorten an der Lernbereitschaft einiger große Zweifel habe.

Doch bei einer Anhörung können wir uns nicht nur den politischen und verfassungsrechtlichen Fragen nähern. Auch die Praxis sollte betrachtet werden:

  • Was sind die Motive und die Probleme einer Polizeiarbeit im Ausland?
  • Wie läuft die Zusammenarbeit vor Ort?
  • Welche Fortschritte sind zu verzeichnen?
  • Wie steht es um die Führung und Strategie?
  • Wie stehen wir auch im Vergleich zu anderen Bundesländern da?
  • Und natürlich: Was genau ist der Auftrag in befreundeten Staaten, in Krisengebieten oder sogar in Kriegsgebieten?

Also viele Fragen, die noch nie Thema im Landtag waren.

Drittens: Aus Sicht der LINKEN gibt es beim Einsatz hessischer Polizeibeamten eine nicht zu verschiebende Grenze. Wenn es tatsächlich auch die Intention der SPD sein sollte, mit ihrem Gesetzentwurf eine Basis für Auslandseinsätze der Polizei in Kriegsgebieten, wie z.B. Afghanistan zu schaffen, werden wir dies nicht mittragen. Dass nach Afghanistan keine Polizisten entsandt werden sollen ist nicht nur unsere Haltung, sondern auch Position der Gewerkschaft der Polizei oder auch der SPD in Brandenburg. Aus Brandenburg werden ja auch keine Kräfte mehr dorthin geschickt.

In wenigen Wochen jährt sich der Kriegsbeginn in Afghanistan zum 10ten mal. Und noch immer hat sich dort nichts wesentlich verbessert. Weil die Spirale der Gewalt auch mit deutscher Beratung nicht durchbrochen werden konnte.

In einem Land, in welchem keine gemeinsame Kultur zum Nationalstaat entwickelt ist, es für die Bevölkerung keine Unterscheidung zwischen ausländischer Polizei- und ausländischem Militär möglich ist, dürfen keine hessischen Polizisten eingesetzt werden.

Die einzige Alternative ist deshalb, die Ausbildung in Deutschland, in Hessen zu organisieren.

Wo die Grenze zwischen Hilfsleistungen, zwischen Einsätzen in Krisengebieten und zwischen Einsätzen in Kriegsgebieten verläuft, werden wir also intensiv zu diskutieren haben.