Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Prävention gegen Salafismus: "Das Geld ist gut angelegt"

Hermann Schaus

Zur Aktuellen Stunde der CDU betreffend "Hessisches Präventionsnetzwerk gegen Salafismus"

Zur Aktuellen Stunde der CDU betreffend "Hessisches Präventionsnetzwerk gegen Salafismus":

Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wenn die CDU schon mal etwas gut macht, feiert sie sich gleich selbst mit einer Aktuellen Stunde. In Anlehnung an die Frage von Herrn Möller vorhin: "Brauchen wir eine solche Aktuelle Stunde?", will ich eindeutig mit Ja antworten.

Denn es kommt nicht so oft vor, das Sie etwas gut machen.

Deshalb möchte ich auch das Einigende in meiner Rede voranstellen: Ja, es ist immer richtig und auch wichtig, Präventionsmittel aufzustocken. Prävention ist besser als Repression, weil Prävention früh versucht, zu deeskalieren und zu vermitteln. Damit soll verhindert werden, dass sich gesellschaftliche Probleme in Gewalt und Fanatismus verwandeln. Deshalb ist es auch absolut richtig, dass in Hessen in den letzten Jahren die Mittel für Prävention in der Tat in beträchtlichem Umfang aufgestockt wurden. Damit wurde im Übrigen auch eine langjährige Forderung von uns berücksichtigt. Das gilt insbesondere im Kampf gegen Rassismus und rechte Gewalt, der lange vernachlässigt wurde.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Anhörung im Innenausschuss in der letzten Woche hat gezeigt, wie gut dieses Geld angelegt ist.

Ähnliches muss man über die Programme im Sport sagen, bei denen mit vergleichsweise wenig Geld durch viele Ehrenamtliche viel an Integration organisiert wird. Dies gilt sicherlich auch für die Präventions- und Beratungsstellen mit dem Schwerpunkt islamistische und dschihadistische Radikalisierung. Hier ist hervorzuheben, dass das Violence Prevention Network und andere eine ganz wichtige Arbeit leisten. Sie helfen und unterstützen frühzeitig, wenn Eltern, Freunde und Schulen verunsichert über das radikale Auftreten einzelner Jugendlicher sind. Sie können so vermitteln und Menschen Wege zurück anbieten. Das ist das Entscheidende.

Wir wissen, dass es für die vielen Ehrenamtlichen und die wenigen Hauptamtlichen, die diese wichtige Präventionsarbeit leisten, nicht einfach ist. Je mehr sich soziale, politische und internationale Spannungen zuspitzen, desto eher sind Eskalationen möglich.

Ich habe mir sagen lassen, dass die sorgfältige Begleitung eines radikalisierten, vielleicht auch fanatisierten Jugendlichen sowie der Kontakt zur Familie und zur Umgebung nahezu eine Vollzeitaufgabe sind. Deshalb: Unser aufrichtiger Dank gilt allen, die diese schwierige und für unsere Gesellschaft so wichtige Aufgabe wahrnehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Kritisch möchte ich allerdings anmerken, dass es mehrere Jahre dauerte, bis diese Mittel, sowohl die zur Bekämpfung des Rechtsextremismus als auch die zur Bekämpfung des Islamismus, nennenswert erhöht wurden. Hier hat Schwarz-Gelb – ich betone: Schwarz-Gelb – viel zu wenig gemacht, und deshalb gibt es auch sehr viel Nachholbedarf.

Deshalb ist der Jubelton, in dem die CDU nun eine drei Monate alte Presseerklärung des Innenministers zur Auszeichnung des Beratungsnetzwerks vorträgt, nicht angebracht.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Menschen sind wegen der sozialen, politischen und internationalen Spannungen zunehmend beunruhigt, und wir erleben, wie schnell dies – auch bei uns – in offenen Hass umschlagen kann. Ich kann deshalb nur allen raten, nicht noch als Brandbeschleuniger zu agieren und Vorurteils-, Angst- und Ausgrenzungsdebatten zu führen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die GRÜNEN haben jüngst zu Recht erklärt – ich weiß nicht, wer es war –: Es ist wahrscheinlicher, in Mecklenburg-Vorpommern einen Buckelwal als eine Frau in einer Burka zu treffen. – In Richtung CDU heißt das für mich: Die von Ihnen angestoßene, rein virtuelle Burka-Diskussion kam nun wie ein Bumerang zurück. Gemäßigte Muslime fühlen sich pauschal verunglimpft, der Gewinn für die Sicherheit ist gleich null, aber das Thema der AfD wurde wieder einmal rauf und runter gespielt.

Sprechen wir doch lieber über eine Verbesserung der Integration von Flüchtlingen wie auch von sozial Benachteiligten, und versuchen wir, dies politisch und gesellschaftlich intensiver anzugehen, bevor irgendetwas in Gewalt oder Hass umschlägt. Das Beratungsnetzwerk ist hier, stellvertretend für viele andere, eine wichtige Institution, die wir gern weiter unterstützen.

(Beifall bei der LINKEN)