Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

"Rechtssicherheit für die Kommunen besteht längst"

Hermann Schaus

Zur aktuellen Stunde der FDP zu Sonntagsöffnungen:

 

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Am Montag dieser Woche hat die aus Gewerkschaften und Kirchen bestehende Allianz für den freien Sonntag im Landtag eine Pressekonferenz durchgeführt, an der auch Rechtsanwalt Dr. Friedrich Kühn über den Stand der Rechtsprechung zu den Sonntagsöffnungen informierte.

Herr Dr. Kühn berichtete, dass die Allianz für den freien Sonntag seit 2015 sämtliche Verfahren vor den hessischen Verwaltungsgerichten gegen die Allgemeinverfügungen der Städte gewonnen hat.

Rechtssicherheit für die Kommunen zu schaffen, so wie es die FDP heute fordert, ist also gar nicht nötig; denn Rechtssicherheit besteht längst, und zwar so klar und eindeutig wie selten in einer strittigen Frage. Die Entscheidung der Verwaltungsgerichte zu Ladenöffnungen an Sonntagen basieren auf der klaren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Dezember 2009 und des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2015. In Art. 140 Grundgesetz in Verbindung mit Art. 139 der Weimarer Reichsverfassung heißt es nämlich: Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

Eine ähnliche Regelung findet sich übrigens auch in Art. 31 der Hessischen Verfassung. Danach ist die Voraus-setzung für eine ausnahmsweise Sonntagsöffnung unter anderem, dass ein auch ohne die Sonntagsöffnung stattfindendes Ereignis, also ein großes Fest oder eine Messe, für alle Bereiche, in denen die Ladenöffnung ausnahmsweise gestattet werden soll, prägend ist. Prägend ist ein Fest oder eine Messe aber nur dann, wenn diese Veranstaltung weit mehr Besucherinnen und Besucher anzieht als die Ladenöffnung selbst, die übrigens dann auch nur im räumlich unmittelbaren Bereich dieses Festes oder dieser Messe genehmigt werden darf. Dass dies z. B. noch nicht einmal bei der Frankfurter Buchmesse für die großen Einkaufszentren weitab vom Messegelände gegeben ist, liegt deshalb auf der Hand. Deshalb muss das auch abgelehnt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Kriterien für die Zulassung von Sonntagsöffnungen auf der Grundlage von § 6 Abs. 1 des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes sind, wie erwähnt, durch zahlreiche Gerichtsentscheidungen klar definiert, Herr Lenders. Sie müssen nur endlich auch von den großen Einzelhandelsketten, die die Bürgermeister unter Druck setzen, und natürlich von der FDP anerkannt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Nachdem die FDP mit ihrem Gesetzentwurf und ihrem Antrag auf einen runden Tisch krachend gescheitert ist, versucht sie erneut eine verfassungsfeindliche Initiative in dieser Frage. Ihre Sprache ist aber verräterisch. Wie lautet noch einmal der Titel Ihrer Aktuellen Stunde? Er lautet „Rechtssicherheit für die Kommunen schaffen bei der Durchführung von verkaufsoffenen Sonntagen“.

Sehr geehrte FDP-Abgeordnete, ich sage es Ihnen gerne noch einmal: Wenn Sie bei der Durchführung von verkaufsoffenen Sonntagen Rechtssicherheit haben wollen, dann müssen Sie zuerst die Verfassung ändern. Anders geht das nicht. Eine landesgesetzliche Regelung kann diese Vorgaben nicht umgehen. Ein Gesetz, auch eine Novellierung des Ladenöffnungsgesetzes, das auf einen Anlassbezug für Sonntagsöffnungen generell verzichtet, wäre nach der aktuellen Rechtsprechung eindeutig verfassungswidrig und würde vom Bundesverfassungsgericht garantiert wieder einkassiert. Daran können übrigens „rechtssicher“ runde Tische vor Ort auch nichts ändern. Auch diese müssen sich bei ihren Vereinbarungen an die Rechtslage halten. Die Forderung nach runden Tischen hat aber eher damit etwas zu tun, dass man etwas vereinbaren möchte, obwohl man weiß, dass das rechtswidrig ist. Es geht also nur darum, Vereinbarungen mit der Allianz zu treffen, damit diese nicht klagt.

Herr Lenders, ich empfehle Ihnen die Lektüre der Presseerklärung der EKHN von heute. In dieser steht alles drin, was ich jetzt hier sage. Dem habe ich wenig hinzuzufügen.

Wir stehen als LINKE weiterhin hinter den Forderungen der Allianz für den freien Sonntag. Eine Änderung hessischer Gesetze und Vorschriften halten wir in diesem Zusammenhang weder für notwendig noch für angebracht.

(Beifall bei der LINKEN)