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Rede

Schwarzgrün gefährdet die Qualität in der Kita

Marjana Schott
Marjana SchottFamilien-, Kinder- und Jugendpolitk

Rede Marjana Schott am 28. September 2017 im Hessischen Landtag

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Damen und Herren,
es vergeht keine Plenarsitzung ohne Debatte zu den Kindertagesstätten. Das ist erfreulich, da dies durchaus der Bedeutung der frühkindlichen Bildung entspricht, aber äußerst frustrierend, da immer noch keine tatsächlichen Lösungen auf dem Weg gebracht wurden.

Die Probleme liegen auf dem Tisch. Die Qualität der Kindertagesbetreuung in Hessen ist nur deshalb gut, weil die Mitarbeiter*innen in den Einrichtungen hoch engagiert sind. Allerdings trägt die Politik dazu bei, dass sie ausbrennen. 21,6 Prozent der in den Bereichen Kinderbetreuung und Kindererziehung Beschäftigten geben an, an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit zu arbeiten und damit 5 Prozent mehr als in anderen Berufen. Kein Wunder, dass sich einige wieder aus dem Beruf verabschieden. Übereinstimmend sagen sie, dass sie ihren Beruf gerne weiter ausüben wollen, wenn die Arbeitsbedingungen stimmen und die Arbeit nicht krank machen würde. Kein Wunder, dass gerade die Kolleginnen, die schon längere Zeit im Beruf sind, ihre Arbeitszeit verkürzen. Innerhalb von 15 Jahren hat sich die Teilzeitquote laut einer Untersuchung des iab um 45 Prozent erhöht.

Die Arbeitsbedingungen stimmen nicht, wenn zu wenig Personal da ist. Wenn wir uns den aktuellen Ländermonitor der Bertelsmann-Stiftung ansehen, sehen wir, dass die Anforderungen von 1:3 bei Unter-Dreijährigen und 1:7,5 bei Über-Dreijährigen nur annähernd in einer hessischen Kommune erreicht werden. Bundesweit steht Hessen schlecht da, weil es immer noch fast 10 Überdreijährige sind, die rechnerisch einer Fachkraft gegenüber stehen. Diese Fachkraft hat meist noch Leitungsaufgaben zu erfüllen, sie hat keine Freistellung, muss aber die mittelbare pädagogische Arbeit erfüllen, wie Elternarbeit, Teamgespräche, Beurteilungen und vieles mehr.

Auch der Evaluationsbericht macht deutlich, das Kifög ist als Personaluntergrenze ungeeignet, es muss klare Vorgaben für eine Freistellung von Leitungskräften und einen Zuschlag für Leitungs- und die Arbeit geben, die über den unmittelbaren Kontakt mit dem Kind hinausgeht. Und weil ich mich immer noch ärgere, sage ich es gerne nochmals: man kann es sich nicht so leicht machen, dass man unzureichende Personalstandards im Landtag beschließt und darauf verweist, dass die Kommunen es ja besser machen können. Wenn diese das allerdings tun wollen, bekommen sie von der Finanzaufsicht auf die Füße getreten. Um hierzu eine Wertung abzugeben, müsste ich deutlich unparlamentarisch werden.

Der Vorschlag der Landesregierung, der ja nicht einmal vorliegt, sondern nur in den Wahlkampf geblasen wurde, um CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Wahlchancen zu verbessern, zielt aber deutlich nicht auf Qualitätsverbesserung. Wenn den Kommunen zu wenig Geld aus Ausgleich für die Befreiung von den Elternbeiträgen zur Verfügung gestellt wird – und das sind gefühlt viel mehr als die vom Sozialminister angegebenen 10 Prozent – dann bedeutet es, dass die Qualität darunter leiden wird. Wenn den Kommunen über den KFA noch weniger Geld zur Verfügung gestellt wird, weil die Kompensation zu fast 90 Millionen aus den KFA-Mitteln herausgeklaut wird, dann will man nicht mehr Qualität. Was ist denn mit den tollen Sprüchen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU, dass Qualität first, Elternbeitragsbefreiung second gilt? Jetzt werden Eltern von Beiträgen befreit, allerdings unzureichend, da nur für sechs Stunden und nur für die Kita-Kinder, Kommunen werden stärker finanziell belastet und für Qualitätsverbesserung gibt es pro Jahr nur 25 Millionen Euro.

Sie können doch nicht hinstellen und allen Ernstes sagen, Kinderbetreuung ist kommunale Aufgabe. Dann verabschieden sie ein Kifög mit deutlich unzureichenden Personal- und Qualitätskriterien. Sie setzen die Kommunen nicht einmal in die Lage, dieses unzureichende Gesetz umzusetzen. Diese können es meist nur, indem sie an anderen Stellen sparen, Personal kürzen, freiwillige Leistungen völlig eindampfen. Und dann gehen Sie hin und sagen, wir haben gemerkt, der Druck auf uns wird zu hoch, wir müssen einen Teil der Eltern beitragsfrei stellen. Um ihre Wahlgeschenke zu finanzieren, nehmen sie aber nur einen Teil aus den Überschüssen, der Rest wird einfach den Kommunen weg genommen. Sie behandeln die Kommunen wie unmündige Kinder, denen Sie immer weniger Taschengeld zur Verfügung stellen, ihnen aber auferlegen, nicht nur das Pausenbrot, sondern auch die Kleidung davon zu zahlen. Das war nicht die Intention, mit der sich viele Bürgermeister, Landräte und Gemeindevertretungen an die Landesregierung und die Fraktionen gewendet haben. Sie wollen Beitragsfreiheit, sie wollen die Entlastung der Kommunen und sie wollen mehr Personal in den Kitas beschäftigen, um das vorhandene zu halten und die Qualität zu verbessern.

Ich kann nur alle ermutigen, sich jetzt an die Landesregierung und die Fraktionen zu wenden, um ihnen klar zu machen, wie sie Politik auf dem Rücken der Kinder, der Kolleginnen und Kollegen in den Kitas, aber auch auf dem Rücken der Kommunen macht.