Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

Torsten Felstehausen zum Gesetzentwurf „eGovernment-Booster-Gesetz“

Torsten FelstehausenDigitalisierung

In seiner 139. Plenarsitzung am 18. Juli 2023 diskutierte der Hessische Landtag über den Gesetzentwurf der SPD in erster Lesung mit dem Betreff „eGovernment-Booster-Gesetz“. Dazu die Rede unseres innenpolitischen Sprechers Torsten Felstehausen.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Ich glaube, das, was die SPD heute eingebracht hat, ist tatsächlich etwas, was wir hier brauchen, was wir diskutieren müssen und wo wir schauen müssen: Wie bekommen wir Digitalisierung nach vorne?

(Tobias Eckert (SPD): Ist ein gutes Gesetz! Gute Rede!)

Denn, obwohl es immer wieder die tollsten Anträge der regierungstragenden Fraktionen gibt, die sich selbst beweihräuchern, müssen wir, wenn wir einmal nüchtern auf die Situation der Digitalisierung in Deutschland schauen, doch feststellen: Deutschland liegt ziemlich weit hinten.

(Vereinzelter Beifall Freie Demokraten)

Genauer gesagt, liegt Deutschland im europäischen Vergleich auf Platz 20. Das ist die Ausgangsposition, und da ist auch Hessen innerhalb der Bundesländer keine wirkliche Ausnahme. 575 definierte Onlineangebote sollte es eigentlich geben. Bundesweit sind tatsächlich derzeit 127 verfügbar. Das sind gerade einmal 22 % dessen, was bis Ende 2022 am Start sein sollte. In Hessen, muss man sagen, ist es etwas besser. Es sind immerhin 205 Onlineangebote, die die Bürgerinnen und Bürger in den Verwaltungen herunterladen und bearbeiten können. Aber immer noch weit gefehlt: Es sind eben weniger als die Hälfte der Angebote, die eigentlich da sein sollten.

Wenn ich mir jetzt den Gesetzentwurf im Einzelnen anschaue, der hier von der SPD vorgelegt worden ist, dann, muss ich fast schon sagen, sind es doch schlicht und ergreifend Selbstverständlichkeiten. Da wird gefordert, dass in Anträgen dort, wo es nicht notwendig ist, zukünftig kein Unterschriftsfeld mehr eingefügt werden soll. Ja, ich bitte Sie, worüber muss man eigentlich dort reden, wenn daran die Digitalisierung in Deutschland tatsächlich zu scheitern droht? Dann, glaube ich, müssen wir uns ganz andere Gedanken machen.

Wenn die SPD beantragt, dass zukünftig Daten aus Nutzerkonten auch im Backoffice verarbeitet werden dürfen, um sie dann wieder zum Nutzerkonto hinzuzufügen: Meine Damen und Herren, an einer solchen Forderung darf die Digitalisierung in Deutschland und in Hessen doch nicht scheitern.

Es heißt im Gesetzentwurf zwar, dass die Datenverarbeitung innerhalb der Nutzerkonten stattfinden soll; aber jeder, der ein bisschen Ahnung von Digitalisierung hat und davon, wie ein solcher Workflow funktioniert, weiß doch, dass das nicht funktionieren kann. Nein, die Daten, die ich im Frontend eingebe, werden außerhalb des Nutzerkontos bearbeitet und dann wieder zurückgespielt. Insofern ist das, was die SPD in ihrem Antrag fordert, wirklich nicht mehr als selbstverständlich.

Ich komme zu einem weiteren Punkt, den die SPD in ihrem Gesetzentwurf drin hat, wo ich auch gar nicht wüsste, was meine Nachrednerinnen und Nachredner an der Stelle eigentlich auszusetzen hätten. Die SPD fordert – vollkommen selbstverständlich – Regelungen für Fortbildung; denn nur mit Aus- und Fortbildung der Kolleginnen und Kollegen, die im öffentlichen Dienst mit diesen Portalen arbeiten, erreichen wir eine Nutzerakzeptanz. Die Voraussetzung dafür ist, dass es im Bereich der Digitalisierung überhaupt vorangehen kann. Es ist wirklich peinlich – das muss ich sagen –, dass man das ins Stammbuch der regierungstragenden Fraktionen schreiben muss.

(Vereinzelter Beifall DIE LINKE – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vereinzelter

Beifall!)

Last, but not least: Das, was hier als Gesetzentwurf eingebracht worden ist, ist eine sehr gute Diskussionsgrundlage. Uns als LINKEN fallen da noch drei, vier Punkte ein, die auch noch in ein solches Gesetz könnten; denn das, was wir bisher als E-Government erleben – nicht nur wir, sondern vor allem die Bürgerinnen und Bürger in Hessen –, ist weit entfernt von dem, was uns andere Bundesländer, und vor allem noch weiter entfernt von dem, was uns andere Länder innerhalb von Europa vormachen.

Wenn man sich einmal an den nordischen Ländern orientiert, wenn man einmal ins Baltikum schaut: Das ist das, was man sich als Digitalisierung tatsächlich vorstellen könnte. Die CDU und ihre Ministerin verfangen sich hier wirklich im Klein-Klein. Insofern ist ein Booster an der Stelle notwendig, wenn wir die Verwaltung wirklich ins 21. Jahrhundert katapultieren sollten und wollten. Insofern ist dies ein guter Anlass, darüber zu diskutieren. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)