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Rede

Torsten Felstehausen zum öffentlichen Vermessungs- und Geoinformationswesen und Landesplanungsgesetz

Torsten FelstehausenDigitalisierung

In seiner 106. Plenarsitzung am 01. Juni 2022 diskutierte der Hessische Landtag zum Gesetz über das öffentliche Vermessungs- und Geoinformationswesen sowie zum Hessischen Landesplanungsgesetz. Dazu die Rede von Torsten Felstehausen, Parlamentarischer Geschäftsführer und digitalpolitischer Sprecher.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Natürlich ist es richtig, dass man mit Gesetzen keine Glasfaserkabel verlegt. Aber man schafft die Voraussetzungen dafür, dass ein Ausbau funktioniert, dass er strukturiert ist und dass er besser vorangeht. Herr Leveringhaus, Sie sollten sich noch einmal überlegen, an welchen Stellen Gesetze tatsächlich erforderlich sind und an welchen nicht.

So, wie er sich bisher darstellt, erinnert mich der Glasfaserausbau in Hessen sehr stark an den Eisenbahnausbau um 1850. Damals konkurrierten Dutzende private Eisenbahngesellschaften, verlegten in privater Planung Strecken und bauten Bahnhöfe. Man sprach in dem Zusammenhang auch von dem „preußisch-sächsischen Eisenbahnkrieg“. Historiker haben zu der damaligen Situation angemerkt – ich zitiere –:

An eine Vereinheitlichung der Verkehrsführung und einen Ausbau der in privater Hand befindlichen Anlagen war durch den Konkurrenzkampf zwischen den Unternehmen nicht zu denken. Um die Rivalitäten und das Streben nach mehr Rentabilität zu beenden, wurden die privaten Aktiengesellschaften durch das Staatsbahnsystem übernommen. Dadurch waren nun auch umfangreiche öffentliche Investitionen in das Eisenbahnnetz möglich.

Ja, meine Damen und Herren, so wie damals auf dem Transportmarkt eine Goldgräberstimmung herrschte, erleben wir das heute auf dem Glasfasermarkt: Marktgetrieben schreitet der Ausbau voran, jedoch zumeist nur dort, wo es sich für die Profiteure auch lohnt, häufig nicht nur von einem Anbieter, sondern unter der Straße kreuzen und queren sich Glasfaserkabel ganz unterschiedlicher Anbieter. Hätten die Staatsbahnen damals nicht die privaten Aktiengesellschaften übernommen – böse Zungen sprechen von „Verstaatlichung“ –, wäre eine Schienenlandschaft entstanden, in der jede Eisenbahngesellschaft ihre eigenen Schienen oftmals nebeneinander und mit unterschiedlichen Spurbreiten verlegt hätte.

Meine Damen und Herren, genau davon müssen wir weg. Deshalb bedarf es einer Vereinheitlichung; und deshalb geht dieser Gesetzentwurf tatsächlich in die richtige Richtung, weil für eine einheitliche Planung zunächst der Bestand festgestellt und dokumentiert sein muss.

(Beifall DIE LINKE)

In dem Gesetzentwurf der SPD heißt es richtigerweise, dass Telekommunikation ein Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge sei; und deshalb muss sich der Staat um die Verlegung und den Betrieb kümmern – unabhängig davon, wer nachher die Kabel in die Erde bringt. Aber die Hoheit darüber, was wo passiert, muss staatlich zusammenlaufen; und dafür braucht es eine entsprechende Dokumentation, die unbürokratisch abzurufen, sehr niedrigschwellig ist und die Möglichkeit bietet, festzustellen, wo tatsächlich noch Bedarfe sind. Dafür ist es notwendig, den Bestand zu erheben, zu dokumentieren und zugänglich zu machen, um zu wissen, wo es noch fehlt, wo Ressourcen vorhanden sind und ein weiterer Ausbau erforderlich ist.

Diese Daten regelhaft in ein Geoinformationssystem aufzunehmen, macht aus mehreren Gründen wirklich Sinn: Zum einen hätten die Betreiber von Datennetzen einen zentralen Datenpool, der den aktuellen Ausbaustand anzeigt. Selbst wenn es beim marktgetriebenen Ausbau bleiben sollte, würden sich unsinnige Doppelinvestitionen vermeiden lassen. Die Landesregierung hätte endlich eine verlässliche Grundlage für ihre diversen Fördertöpfe und Förderprojekte und könnte die Steuermittel zielgerichtet einsetzen, und zwar dort, wo es wirklich notwendig ist; und die konkreten Leitungsverläufe würden die Planung von straßennahen Infrastrukturprojekten, Fahrradwegen und Ähnlichem erheblich vereinfachen.

Meine Damen und Herren, fast alle Glasfaserausbauprojekte werden mit öffentlichen Mitteln in nicht unerheblichem Maße subventioniert. Aus Sicht der LINKEN ist daher die Forderung, die Daten über die Trassenverläufe öffentlich zu dokumentieren und so aufzubereiten, dass sie jederzeit von überall abrufbar sind, eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Öffentliches Geld muss zu öffentlichen Daten führen, auch wenn die Betreiber unterschiedliche konkurrierende Anbieter sind.

(Beifall DIE LINKE)

Vizepräsident Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn:

Sie schauen bitte auf die Uhr?

Torsten Felstehausen (DIE LINKE):

Das mache ich. 4:52 Minuten sind vergangen. Sechs Sekunden habe ich noch, ich versuche, zu Ende zu kommen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Jetzt nicht mehr!)

Natürlich arbeiten wir als LINKE daran, dass sich der preußisch-sächsische Eisenbahnkrieg nicht in neuer Form wiederholt und die Aufgaben der Daseinsvorsorge endlich wieder in die öffentliche Hand kommen. Man kann ja auch einmal aus der Geschichte lernen, sagen wir als LINKE. Insofern stimmen wir diesem Gesetzentwurf zu. Vielen Dank dafür. – Und vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE und Stephan Grüger (SPD))