Die hessische Linksfraktion bestand von April 2008 bis Januar 2024

Rede

"Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass die Straßenbeiträge abgeschafft werden müssen"

Hermann Schaus

Zum Änderungsantrag der Fraktionen der CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP zur dritten Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP für ein Gesetz zur Aufhebung des Erhebungszwangs von Straßenbeiträgen und für mehr kommunale Selbstverwaltung:

 

 

(Präsident Norbert Kartmann: Herr Kollege Schaus für die Fraktion DIE LINKE, Sie haben das Wort.)

(Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Das wird jetzt die kürzeste Rede von Herrn Schaus!)

Das wird nicht so sein, Herr Blechschmidt.

(Zurufe: Oh!)

 

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Nun haben wir in dieser Plenarwoche drei Debatten zu den Straßenausbaubeiträgen geführt, dies ist die vierte. Ich habe irgendwie den Eindruck, dass noch immer nicht alle von der Abschaffung der Straßenbeiträge überzeugt sind.

(Zurufe von der CDU)

Deswegen unternehme ich einen weiteren Versuch mit aktuellen Dokumenten. Das müssen Sie wirklich anerkennen: Ich habe mich in vier Sitzungen immer wieder mit neuen Aspekten in die Diskussion geworfen.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir auch!)

Das werde ich an dieser Stelle erneut tun, um Sie tatsächlich noch umzustimmen und von dem Irrweg abzubringen, den Sie gerade sozusagen gemeinsam als Jamaika-Zweckbündnis beschreiten wollen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Gib alles, Hermann!)

Erster Punkt. Es gibt einen offenen Brief an die CDU, die GRÜNEN und die FDP vom 18. Mai dieses Jahres, der von der AG Hessischer Bürgerinitiativen „Straßenbeitragsfreies Hessen“ stammt. Daraus will ich kurz zitieren, er heißt „Fünf-Punkte-Paket zur Anpassung der Straßenbeiträge“

– das ist Ihr Gesetzentwurf –:

Sehr geehrte Damen und Herren, wir, die Unterzeichnenden, wurden vom Ausschussvorsitzenden des Innenausschusses zu den Gesetzentwürfen „Straßenbeiträge“ um Stellungnahmen gebeten. Bei der Anhörung am 12. April haben wir diese mündlich erläutert.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Lesen Sie das etwa vor?)

Nicht nur die Vertreter/-innen der Bürgerinitiativen, sondern auch die überwiegende Zahl der geladenen Bürgermeister, Rechtswissenschaftler und Vertreter von Verbänden sprachen sich für die Abschaffung der Straßenbeiträge aus, bei gleichzeitiger Kompensation der Einnahmeausfälle in den Kommunen durch ca. 40 bis 50 Millionen € jährlich aus originären Landesmitteln. Mit Befremden sehen wir, dass im Innenausschuss am 9. Mai eine Beschlussempfehlung an den Landtag entstand, welche die Ergebnisse der Anhörung völlig konterkariert.

Dem stimme ich zu, ich war dabei.

Rückkehr zur „Kann“-Regelung und „Kommunale Selbstverwaltung“ wird nicht funktionieren. An anderer Stelle heißt es:

Förderung „Wiederkehrender Straßenbeiträge“ ist Subventionsprogramm, Aufblähung der Verwaltung und Steuergeldverschwendung. Eine weitere Überschrift lautet:

Ratenzahlung über 20 Jahre – eine Festschreibung der Ungerechtigkeit und Keinerlei Lösung von Unplausibilitäten! Wir, die Unterzeichnenden, – es sind auch ein paar Bürgermeister dabei – fordern, dass die Straßenbeiträge aus dem hessischen Kommunalabgabengesetz (KAG) und aus der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) gestrichen werden. Die Einnahmeausfälle sind den Kommunen in geeigneter Form aus Landesmitteln zu erstatten.

So weit die Bürgerinitiativen. Dem kann ich nur zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU: Das haben wir doch alle bekommen!)

In einem Artikel im „Darmstädter Echo“ von gestern wird sehr anschaulich beschrieben, was die wiederkehrenden Straßenbeiträge tatsächlich bedeuten. Ich darf zitieren:

Die wiederkehrenden Straßenbeiträge haben Auswirkungen, mit denen kaum einer gerechnet hat: So werden nun auch gemeinnützige Vereine zur Kasse gebeten, die in den Abrechnungsgebieten mit ihren Plätzen, Hallen und Vereinsheimen liegen. Für die Vereine ist dies zum Teil existenzbedrohend. An anderer Stelle heißt es: So müssen pro Jahr zum Beispiel die FTG Pfungstadt 5.180 €, der Reit- und Fahrverein Pfungstadt 3.846 €, der VdH rund 2.700 € und der TAS 1.100 € zahlen. Mit 22.240 € liegt in diesem Ranking der TSV Pfungstadt an der Spitze. Insgesamt haben die Pfungstädter Vereine mit eigenem Gelände dabei rund 36.000 € für 2017 zu bezahlen, mit der Aussicht, dass diese Summen sie jährlich wiederkehrend belasten werden.

Ich mache an dieser Stelle einmal Schluss, sonst rennt mir die Zeit fort.

Dann will ich noch zu Ihrem erst heute eingereichten Änderungsantrag Stellung nehmen. Erstens müssen Sie uns sehr dankbar sein und eigentlich die Füße küssen, dass wir eine dritte Lesung beantragt haben – sonst hätten Sie ein falsches Gesetz beschlossen, das nicht hätte in Kraft treten können.

(Beifall der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) und bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Also, da erwarte ich etwas vonseiten des Jamaika-Zweckbündnisses.

(Zurufe von der CDU)

– Herr Bauer, hören Sie mir einmal zu, das können wir nachher diskutieren.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Wir hören Ihnen doch zu!)

Sie sagen, dass Sie hier 2,5 Millionen € pro Jahr

(Präsident Norbert Kartmann: Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.)

(Zurufe von der CDU: Oh!)

– ich komme zum Schluss – für Ihr Bürokratieförderungsprogramm, nämlich die wiederkehrenden Straßenbeiträge, beschließen wollen. Es ist schade, ich hätte Ihnen gerne ein Beispiel der Kommune Weilrod mit den entsprechenden Zahlen gebracht – die kommen dort nämlich überhaupt nicht klar.

Ich kann nur sagen, dass Sie das jetzt nachgeschoben haben, ist schlimm genug und zeichnet Sie nicht aus. Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass die Straßenbeiträge abgeschafft werden müssen. Das können wir ja in der nächsten Plenarrunde diskutieren und dann natürlich auch noch einmal neu beschließen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)