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Rede

Zweite Lesung Gesetzentwurf der Landesregierung für Gesetz zur Änderung des Hessischen Krankenpflegehilfegesetzes

Marjana Schott
Marjana SchottGesundheit

Rede Marjana Schott am 28. September 2017 im Hessischen Landtag

– Es gilt das gesprochene Wort –


Wir werden uns bei der Abstimmung zu diesem Gesetzentwurf enthalten, weil wir nicht gegen die Änderungen sprechen wollen. Die Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen sehen wir ebenfalls als wichtige Maßnahme im Rahmen der Gleichstellung von Menschen, die eingewandert sind, an.

Wir haben allerdings einige Probleme mit dem Gesetz an sich. Das Gesetz hat ja bereits ein früheres Verfallsdatum, wenn das Gesetz zur Reform der Pflegeberufe in Kraft tritt. Über diesen unsinnigen und kontraproduktiven Kurzschluss, der kurz vor dem Ende der Legislaturperiode erfolgte, möchte ich jetzt aber nichts sagen.

Wir sehen den täglichen Missbrauch dieser Pflegehilfskräfte in den Krankenhäusern. Die einjährige Ausbildung berechtigt nicht dazu, viele Verrichtungen, die im Pflegealltag nötig sind, zu erbringen. Aufgrund des eklatanten Personalmangels werden sie aber von den Pflegehilfskräften erledigt. Es haften dafür die Gesundheits- und Krankenpflegekräfte, die die Durchführung dieser Tätigkeiten ständig kontrollieren müssten. Das können sie aber nicht, weil sie keine Zeit haben. Das führt dazu, dass man ständig gewahr sein muss, dass Fehler passieren. Fehler im Krankenhaus können aber schlimme Folgen haben. Wenn es tatsächlich so wäre, dass die Krankenpflegehilfeausbildung ein Einstieg in die Krankenpflege wäre und sie als Hilfskräfte für die voll ausgebildeten Pflegekräfte tätig wären, würde unsere Kritik viel moderater ausfallen. So erleben wir aber, dass diese Kräfte ganze Stationen alleine versorgen und die Gesundheits- und Krankenpflegekräfte, die zuständig sind, entweder sich klonen und auf zwei Stationen tätig sind oder ständig mit der Angst leben, dass irgendetwas schief geht.
Das ist die Realität, die das Gesetz leider nicht abbildet.

Es gibt aber auch einiges, das am Gesetz geändert werden sollte. Die Praxisanleitung sollte verbessert werden. Jede Station, auf der Auszubildende eingesetzt sind, sollte eine ausgebildete Kraft mit einer zweijährigen Weiterbildung haben, die eine qualitative und pädagogisch gestützte Ausbildung gewährleistet. Die Schule kann nicht alleine für die ganze Ausbildung verantwortlich sein. Das entzieht im Übrigen der Personalvertretung die Mitbestimmungsrechte bezüglich der Auszubildung.
Die Ausbildungsvergütung soll so angemessen sein, dass sie derjenigen von Gesundheits- und Krankenpflegeschüler*innen im ersten Jahr entspricht. Leider ist sie von Haus zu Haus sehr unterschiedlich und meist nicht existenzsichernd, so dass sich die Azubis nicht mal eine eigene Wohnung leisten können. So gewinnt man kein Personal.

Nach der Ausbildung wird niemand unbefristet eingestellt, trotz des eklatanten Personalmangels. Dies klären die Personalabteilungen aber immer im Vorhinein.

Erstaunlich ist die Begründung, dass sich das Gesetz bewährt hat, da ein Großteil der Absolventen unmittelbar in die Fachkraftausbildung mündet. Das ist aber mitnichten der Fall. Die Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpflegekraft ist sehr schwierig, viele Krankenpflegehilfekräfte sehen große Probleme, die Ausbildung zu bestehen. Es müsste eher so sein, dass die Ausbildung so durchgeführt sein, dass wirklich viele die dreijährige Ausbildung absolvieren können. Hier muss es allerdings mehr Hilfen geben, damit die Auszubildenden tatsächlich die Anforderungen meistern können. Eine einjährige Ausbildung darf nicht als Billiglösung für Krankenhäuser genutzt werden, mit der dann die voll ausgebildeten teureren Pflegekräfte ersetzt werden.

Ein gutes hat das Gesetz: die Fachbücher werden kostenlos gestellt. Bei der dreijährigen Ausbildung fallen mehrere hundert Euro für Fachliteratur an.
Mit der aktuellen Gesundheitspolitik steuern wir auf einen noch massiveren Personalmangel in den Kliniken zu. Die Arbeitsbelastung der Kolleginnen und Kollegen in den verschiedenen Aufgabenbereichen des Krankenhauses ist enorm. So massiv, dass sich viele entscheiden, ihren Arbeitsvertrag aufzukündigen oder zumindest auf Teilzeit mit hohen Einkommenseinbußen und der Gefahr von Altersarmut zu gehen. Die Belastung ist oft genug nicht mehr auszuhalten. Deshalb ist eine Personalbemessung in den Krankenhäusern dringend erforderlich. Ver.di hat die Arbeitgeber aufgefordert einen Tarifvertrag Entlastung zu verhandeln. Bisher haben sich noch zu wenige Arbeitgeber dazu bereit erklärt. Deshalb ist es gut, dass in der letzten Woche in Frankfurt-Hoechst und im UKGM Gießen/Marburg mehrere hundert Kolleginnen und Kollegen gestreikt haben. Ihnen gilt unsere Solidarität. Es ist aber nicht nur Solidarität, auch in unser aller Interesse sollte ein besserer Personalschlüssel in den Krankenhäusern sein. Schließlich geht es auch um unsere Gesundheit.